30.06.2008
PRO ASYL zeigt Richterin am Amtsgericht München wegen Rechtsbeugung an
Leichtfertige Anordnung von Abschiebungshaft gegenüber Minderjährigen
Die von Rechtsanwalt Heinhold beim Landgericht München eingelegte Haftbeschwerde hat ergeben, dass die Haftanordnung durch Frau Redl aus mehreren Gründen offensichtlich rechtswidrig war:
- Die Richterin hatte die Freiheitsentziehung für einen längeren Zeitraum angeordnet als beantragt war.
- Es fand keine mündliche Anhörung des Betroffenen statt, obwohl dieses möglich gewesen wäre.
- Angesichts der Minderjährigkeit des Betroffenen und seines bisherigen Verhaltens war die Haftanordnung unverhältnismäßig.
Richterin Redl hat die Rechte des minderjährigen Irakers bewusst und besonders schwerwiegend missachtet. Welche verfassungsrechtliche Garantien im Bereich der Abschiebungshaft zwingend zu beachten sind, wurde den Haftrichtern der Amtsgerichte durch die obersten Gerichte wiederholt ins Stammbuch geschrieben. Über diese ihr bekannten Vorgaben hat sich die Richterin hinweggesetzt.
Seit Jahren kritisiert PRO ASYL die deutsche Praxis im Bereich der Abschiebungshaft: Diese wird zu oft, zu lang und zu leichtfertig verhängt. Die Entscheidung der Münchner Richterin ist ein besonders drastisches Beispiel: ohne Aktenkenntnis, ohne Anhörung des Betroffenen und länger als beantragt hat sie einen Minderjährigen eingesperrt. Ohne richterliche Kontrolle sind die Betroffenen wehrlos. Deswegen hat sich die bundesweite Flüchtlingsorganisation Mitte Juni 2008 zur Einreichung der Strafanzeige entschlossen.
"Recht und Gesetz müssen gerade dann konsequent beachtet werden, wenn sie dem Schutze der Schwächsten in dieser Gesellschaft dienen - wie zum Beispiel minderjährigen Flüchtlingen, die vor der Abschiebung stehen." sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL.