01.09.2015

Abschiebezentrum in Manching eröffnet

Flüchtlingsrat: „Säbelrasseln auf Kosten von Einzelschicksalen“ / Vermeintliche „Erfolge“ sicher, da Zugangszahlen längst zurückgegangen sind

Am heutigen Dienstag wurde in Manching bei Ingolstadt das erste Sonderlager für Flüchtlinge aus den Balkan-Staaten eröffnet. Insgesamt werden 1.500 Flüchtlinge im Raum Ingolstadt zusammengefasst, 500 davon in einer Kaserne am Rande Manchings. Ein weiteres Sonderlager soll in Bamberg folgen.

„Aufnahme- und Rückführungszentrum für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive“ wird die Einrichtung in Manching offiziell genannt, dass es sich dabei um ein Abschiebezentrum handelt, ist offenkundig. Ausländerbehörde, Bundesamt und Verwaltungsrichter vor Ort sollen dafür sorgen, dass die Asylsuchenden innerhalb weniger Wochen abgelehnt und abgeschoben werden können. Ein Flughafen, von dem aus Abschiebungen durchgeführt werden können, befindet sich ebenfalls in Manching.
Den weiteren Zweck des Sonderlagers hatte Innenminister Herrmann bereits im August kundgetan. Es solle „sich in den Ländern, die überhaupt keine Bleibeperspektive haben, das Bewusstsein breit machen, dass es überhaupt keinen Sinn hat, nach Deutschland zu kommen“. Auch Sozialministerium Müller unterstrich beim heutigen Pressetermin klar den Zweck der Abschreckung der Sonderlager.

In Manching werden Flüchtlinge qua Herkunft kaserniert und isoliert, um sie am Fließband abzuschieben. Das individuelle Asylrecht verkommt zur Farce, wenn Asylanträge ohnehin nur summarisch geprüft werden und Asylsuchende kaum mehr eine Chance haben, Beratung und Rechtsmittel zu nutzen. Vor allem Minderheitenangehörige aus den Balkan-Staaten haben häufig wichtige Schutzgründe. Dass diese in einem Abschiebezentrum geltend gemacht werden können, ist kaum zu erwarten“, kommentiert Ben Rau vom Bayerischen Flüchtlingsrat.
Die aktuelle Situation stellt den Freistaat und die Kommunen sicherlich vor Herausforderungen. Aber es gäbe viele Mittel, das System zu entlasten, beispielsweise die Abschaffung der Lagerpflicht und die Aussetzung der Dublin-Verordnung. Mit einem Sonderlager Balkan-Flüchtlinge zu stigmatisieren, zu Sündenböcken zu machen und individuelle Schutzgründe zu ignorieren, gehört sicherlich nicht zu den sinnvollen Maßnahmen.

Dass die bayerische Staatsregierung bald vermeintliche Erfolge der Abschreckungspolitik verkünden wird, ist dennoch zu erwarten. Denn längst ist die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkan-Staaten zurückgegangen, was nicht veröffentlichte Zahlen des Registrierungssystems EASY belegen, die Pro Asyl gestern vorgelegt hat (Quelle, Statistik). Noch im Februar 2015 machten Flüchtlinge aus dem Kosovo mit 42,7% aller Zugänge die größte Gruppe aus, im Juli 2015 ist es, genau wie Bosnien-Herzegowina und Montenegro, nicht mehr unter den zehn wichtigsten Herkunftsländern. Lediglich aus Albanien gibt es weiterhin hohe Zugangszahlen (20,9% der Antragsteller im Juli), doch auch hier lassen Berichte aus den Transitländern bereits einen starken Rückgang vermuten.
    
Die aktuellen Zugangsstatistiken zeigen, dass die Abschiebezentren weder sinnvoll noch notwendig sind. Die Bayerische Staatsregierung greift mit den Sonderlagern vielmehr in die asylpolitische Mottenkiste und lässt die Säbel rasseln“, so Ben Rau. „Bayern setzt erneut auf Abschreckung auf Kosten von Einzelschicksalen und verschwendet dabei Ressourcen, die bei den wesentlichen Problemen der Flüchtlingsaufnahme dringend gebraucht würden.

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