02.06.2017

Ohrfeige für die Ausländerbehörde

Nürnberger Landgericht lehnt Beschwerde der Regierung ab / Nürnberger Schüler weiterhin auf freiem Fuß


Nachdem das Amtsgericht Nürnberg gestern die Ingewahrsamnahme für den jungen Afghanen N. aufgehoben hatte, erhob die Regierung von Mittelfranken umgehend Beschwerde. Heute Nachmittag lehnte das Landgericht Nürnberg-Fürth diese Beschwerde ab. N. bleibt auf freiem Fuß. Die zuständigen Richter*innen folgten der Begründung ihrer Kollegen, dass keine Haftgründe gegen den Afghanen vorliegen und eine Haft nicht angeordnet werden kann.

 

Von den Richter*innen kommt außerdem scharfe Kritik an der Regierung: N. hatte eine Aufenthaltserlaubnis nach §25a für gut integrierte Jugendliche beantragt. Die Regierung von Mittelfranken lehnte diesen Antrag nicht nur ab, sondern stellte den Bescheid erst nach dem gescheiterten Abschiebeversuch zu. Hierzu die Rüge des Landgerichts:

„Die Kammer erlaubt sich, ohne dass es für diese Entscheidung darauf ankäme, den Hinweis an die beteiligte Behörde, dass sie erhebliche Zweifel hegt, ob es rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, wenn die Bekanntgabe eines bereits verfügten Bescheides der mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann, bis zum Zeitpunkt des Vollzugs der Abschiebung zurückgestellt und somit die Einlegung des Rechtsmittels vereitelt wird."

 

Laut der heutigen Pressemitteilung des bayerischen Innenministeriums wurde der Bescheid schon am 23.05. ausgestellt, dieser wurde jedoch dem Betroffenen nicht mitgeteilt. So sollte offensichtlich verhindert werden, dass Rechtsmittel gegen den Bescheid eingelegt werden können. Nach der Abschiebung hätte sich dies erübrigt.

 

Zunächst lobt der Bayerische Flüchtlingsrat jedoch die Entscheidung des Gerichts, eine Haft nicht anzuordnen. "Wir begrüßen dass das Landgericht besonnen und rechtsstaatlich agiert und sich nicht von der Regierung vor den Karren spannen lässt", merkt Mitarbeiterin Johanna Böhm an. „Die Regierung von Mittelfranken und das bayerische Innenministerium versuchen gerade ihr eklatantes Fehlverhalten der letzten Tage in Nürnberg sowie die breite Kritik an der bayerischen Abschiebepraxis durch fadenscheinige Vorwürfe gegen den Afghanen und seine Mitschüler*innen zu rechtfertigen – was ihnen jedoch nicht gelingen will. Stattdessen offenbaren immer mehr zweifelhafte Aktivitäten insbesondere der Zentralen Ausländerbehörden der Regierung von Mittelfranken ein zwielichtiges Gebaren".

 

Auch der Anwalt von N., Michael Brenner aus Nürnberg, sieht sich durch das Gericht in seiner Rechtsauffassung bestätigt: „Ich bin froh über die Entscheidung des Landesgerichtes eine Abschiebehaft weiterhin abzulehnen. Letztendlich habe ich die Ablehnung der Beschwerde erwartet, da die Argumentation des Amtsgerichts eindeutig und stichhaltig war."

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