13.09.2018

Nürnberger Student und ehrenamtlicher Rettungssanitäter nach Äthiopien abgeschoben

In Bayern ist Integration nur noch Makulatur

Am Freitag, den 31.08.2018, wurde Neguss M. aus Nürnberg verhaftet um nach Äthiopien abgeschoben zu werden. Dies geschah nicht zum ersten Mal. Auch im Mai 2018 stand die Polizei in den frühen Morgenstunden bei ihm in der Unterkunft um ihn mit zum Frankfurter Flughafen zu bringen. Während der erste Abschiebeversuch am Flughafen abgebrochen wurde, konnte dieses Mal die Rückführung vollzogen werden. Unter der Begleitung von drei Beamt*innen der Bundespolizei wurde Neguss M. von Frankfurt via Jeddah in Saudi Arabien nach Addis Abeba abgeschoben. Während der über acht Stunden dauernden Reise wurde er an Händen und Füßen gefesselt, die Hände am Rücken bzw. Bauch fixiert. Der Gang zur Toilette wurde ihm erst am Zwischenhalt in Jeddah, nach knapp sechs Stunden möglich gemacht.

 

Der 34-Jährige befürchtet in Äthiopien weiterhin bedroht zu werden. Deshalb kann er nicht in seine ursprüngliche Heimatregion zurückzukehren und hält sich versteckt. Staatliche Unterstützung gibt es nicht – bislang ist Neguss M. auf die finanzielle Hilfe von Freund*innen aus Nürnberg angewiesen. M. bereitete aufgrund der geänderten politischen Lage in Äthiopien einen Asylfolgeantrag vor. Wie schon berichtet hatte Neguss M. sich in den letzten sechs Jahren in Nürnberg erfolgreich ein neues Leben aufgebaut, er spricht mittlerweile fließend Deutsch, hat fast sein Masterstudium an der Uni Erlangen Nürnberg beendet, arbeitete beim Bayerischen Roten Kreuz als ehrenamtlicher Rettungssanitäter und Dolmetscher, erhielt für das Absolvieren eines Managementkurses eine Auszeichnung vom Nürnberger Bürgermeister, engagierte sich ehrenamtlich bei UNICEF und hatte mehrere Arbeitsangebote erhalten. Sein Antrag auf eine Arbeitserlaubnis als Bürokaufmann bei UNICEF wurde in der Woche der Abschiebung von der Zentralen Ausländerbehörde abgelehnt. Rainer Köhler, ehrenamtlicher Leiter der UNICEF-Arbeitsgruppe in Nürnberg, dazu: „Wir sind völlig überrascht. Wir kennen Neguss M. als engagierten, zuverlässigen und kompetenten Menschen, der unsere Arbeit mit Herzblut unterstützt hat. Deshalb haben wir ihm auch einen befristeten Arbeitsplatz angeboten. Alles war geregelt – aber die zentrale Ausländerbehörde hat keine Arbeitserlaubnis erteilt. Die Entscheidung der Behörde, seine Verhaftung und Abschiebung können wir nicht verstehen und sind bestürzt über den Umgang mit ihm. Neguss M. ist ein Beispiel für gelungene Integration, die wir uns doch alle wünschen.“

 

„Während vielerorts über einen Spurenwechsel in Form einer sog. Stichtagsregelung diskutiert wird, die abgelehnten Asylbewerber*innen einen Zugang zum Arbeitsmarkt sowie eine Bleibemöglichkeit verschaffen soll, stellt sich die CSU mal wieder quer. Statt das Bemühen von Geflüchteten um Arbeit und Ausbildung zu unterstützen und zu gewährleisten, dass offene Stellen auch besetzt werden können – verharrt die Bayerische Regierung weiterhin in ihrer restriktiven Abwehrpolitik,“ kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Wir fordern ein Ende der flüchtlings- und wirtschaftsfeindlichen bayerischen Innenpolitik sowie eine schnelle und unbürokratische Rückkehr von Neguss M.nach Nürnberg“.

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