04.03.2008

Nördlinger Flüchtlinge fordern Leben in Würde

Pressegespräch zu den Forderungen der Flüchtlinge an den neuen Stadtrat

Deutschland Lagerland-Netzwerk, Bayerischer Flüchtlingsrat: „Wir leben auf einer Insel der Angst!“, beschreibt Felleke Bahiru Kum, ein Bewohner der Flüchtlingsunterkunft Nördlingen die dortige Situation. Mangelversorgung, Angst vor Abschiebungen, Schikanen und unnötige bürokratische Hürden führen zu einer katastrophalen medizinischen, psychischen und hygienischen Situation in der Unterkunft. Am Freitag sprechen die Flüchtlinge öffentlich über ihr Leben am Rande der Nördlinger Gesellschaft und stellen ihre Forderungen an den neu gewählten Stadtrat vor. Der Bayerische Flüchtlingsrat erläutert die lokalen und landesweiten Möglichkeiten der Politik, Flüchtlingen in Bayern ein Leben in Würde zu ermöglichen.

In Nördlingen teilen sich meistens vier bis sechs Flüchtlinge ein 12 m²-Zimmer, während andere Zimmer leer stehen. Zweimal in der Woche erhalten sie ein Essens- und alle drei Monate ein Hygienepaket – deren unzureichender Inhalt kann am Freitag bestaunt werden. Sozialhilfe gibt es für die BewohnerInnen nicht, die meisten unterliegen einem Arbeitsverbot und haben als einziges Bargeld 40 Euro Taschengeld im Monat zur Verfügung. Jede Busfahrkarte, jedes Schulheft und jede Zahnbürste ist eine wohlüberlegte Investition, der Besuch beim Anwalt wird zum finanziellen Desaster.

Für ca. 15 Personen stehen je ein Bad und eine Küche zur Verfügung, wobei die Warmwasserversorgung nicht ausreicht. Eine Trennung in Frauen- und Männerbäder gibt es nicht. Die Benutzung der Stehklos, die man als Löcher im Boden nur aus dem Urlaub kennt, ist für Alte und Gehschwache nur unter Schmerzen möglich. Alle 60 Personen teilen sich zwei Waschmaschinen in streng reglementierten Waschzeiten.

Zum Arzt dürfen die BewohnerInnen nur bei akuten Erkrankungen. Zuvor müssen sie jedoch die Kostenübernahme beim Landratsamt in Donauwörth beantragen, weshalb Flüchtlinge mit akuten Schmerzen häufig 2-3 Tage auf eine Behandlung warten müssen. Seit die Heimleitung Flüchtlingen ihren Lohn für die Ein-Euro-Putzdienste nicht mehr auszahlt, verschlechtert sich die hygienische Situation zunehmend.

„Statt Hilfe bekommen wir an allen Stellen deutlich vermittelt, dass wir nicht erwünscht sind“, so Felleke Bahiru Kum. Dies soll sich nun ändern. Unterstützt vom Bayerischen Flüchtlingsrat und dem „Deutschland Lagerland“-Netzwerk gehen die Flüchtlinge mit ihren Problemen und Forderungen an die Öffentlichkeit.

Freitag, den 7. März 2008, 11.00 Uhr
Landeskirchliche Gemeinschaft Hensoltshöhe
Hintere Reimlinger Gasse 5, Nördlingen


Beim Pressegespräch sind anwesend:
Felleke Bahiru Kum – Bewohner der Nördlinger Flüchtlingsunterkunft
Matthias Weinzierl – Geschäftsführer des Bayerischen Flüchtlingsrats
Weitere BewohnerInnen der Unterkunft werden für Interviews zur Verfügung stehen

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