22.10.2002

Legal – Illegal – Scheißegal

Ausreiselager und ihre Folgen

In Fürth hat die bayerische Staatsregierung im September das erste Ausreiselager in Bayern eröffnet. Weitere sollen bald folgen. Nach Fürth sind inzwischen 35 Flüchtlinge eingewiesen worden. Allerdings sind nur 14 Personen im Lager angekommen. Trotzdem verbuchte Innenstaatssekretär Hermann Regensburger in einem Bericht erste Erfolge für das Ausreiselager.

Aus der Sicht des Bayerischen Flüchtlingsrats bringt das bayerische Ausreiselager die gleichen desaströsen „Erfolge“ hervor wie die Lager in anderen Bundesländern.

Das Ausreiselager als Illegalisierungsmaschine

Aus der Bilanz des Innenministeriums geht hervor, dass mehr als die Hälfte der eingewiesenen Flüchtlinge in die Illegalität gedrängt wurden. 14 Personen sind untergetaucht, die sieben Flüchtlinge, die Klage gegen die Einweisung erhoben haben, wurden von den Ausländerbehörden abgemeldet und verlieren nun nach und nach ihren Aufenthaltsstatus. Für die Vermutung des Innenstaatssekretärs, die untergetauchten Flüchtlinge seinen ausgereist, gibt es weder Hinweise noch plausible Gründe.

Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Flüchtlinge weiterhin in Bayern leben. Sie vermehren die Zahl derjenigen, die illegal und rechtlos im Land sind, jederzeit davon bedroht, aufgegriffen und in Haft genommen zu werden. Unter diesen Umständen von einem Erfolg des Ausreiselagers zu sprechen heißt, diese Illegalisierung bewusst in Kauf zu nehmen oder sogar anzustreben. Damit betreibt das bayerische Innenministerium aktiv eine Politik der Illegalisierung und Kriminalisierung von Flüchtlingen.

Ausreiselager als Ort unkontrollierter Behördenwillkür

Im Ausreiselager sollen Flüchtlinge durch Repressalien zur Ausreise genötigt werden. Geldentzug, Verhöre, Arbeitsverbot, Anwesenheitskontrollen und Durchsuchungen sind als Druckmittel aufgeführt.
Die Erfolgsquote: immerhin ein Insasse habe seine Identität „preisgegeben“, so das Innenministerium. Es fehlt jedoch der Nachweis, dass über die Identität des Betreffenden überhaupt berechtigte Zweifel bestanden haben. Nach Erkenntnissen des Bayerischen Flüchtlingsrats sind in das Fürther Lager nicht nur, wie es das Konzept vorsieht, Menschen eingewiesen worden, die an der „Klärung ihrer Identität“ oder „Passbeschaffung“ nicht hinreichend mitarbeiten, sondern auch Personen, die aus anderen Gründen nicht abgeschoben werden können.

Es fehlt jegliche öffentliche Kontrolle der Einweisungspraxis sowie der Behandlung, die Insassen des Lagers zu Teil wird. Zugangs- und Ausgangsbarrieren verhindern die Kontaktaufnahme zwischen Insassen und Personen von außen, „im Interesse der Privatsphäre der Bewohner“ verweigert die Staatsregierung einen Besuch des Lagers. Die eingesetzten Druckmittel lassen befürchten, dass das Ausreiselager als Beugehaft mit besonderen Maßnahmen gestaltet wird, die sich einer öffentlichen Kontrolle entziehen.

Freiwillige Rückkehr?

Das proklamierte Ziel des Ausreiselagers ist die „freiwillige“ Rückkehr des Flüchtlings. Erfahrungen aus anderen Bundesländern setzen hier Maßstäbe. Die Rückkehr konnte in maximal zehn Prozent der Fälle realisiert werden, die Hälfte davon mittels Abschiebung. Eine freiwillige Rückkehr ist mit einem Lager, das ganz offen repressive Methoden anwendet, von vornherein ausgeschlossen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert die sofortige Schließung des Ausreiselagers Fürth und den Stop aller Experimente, die Kosten der Flüchtlinge zur Optimierung bayerischer Abschreckungspolitik durchgeführt werden. Gemessen an den Versprechungen kann das Lager keinen Erfolg haben, Illegalisierung und Kriminalisierung von Flüchtlingen kann nicht Teil bayerischer Flüchtlingspolitik sein.

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