12.04.2011

Landtagsdebatte: Gehen die Syrien-Abschiebungen trotz Reisewarnung und hunderter Toter weiter?

Am Donnerstag, den 14. April wird im Rechts- und Verfassungsausschuss über einen Abschiebestopp verhandelt

 

Nach dem erfolgreichen Verhindern zweier Abschiebungen von München nach Syrien am 31. März 2011 (siehe dazu auch SZ vom 30.03.2011) wird am kommenden Donnerstag im Rechts- und Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags über einen Abschiebestopp diskutiert. Die Grünen fordern in einem Dringlichkeitsantrag angesichts der aktuellen Situation in Syrien Abschiebungen derzeit nicht durchzuführen.

Das Auswärtige Amt rät derzeit von Reisen nach Syrien ab, da sich die Lage in den letzten Tagen immer mehr zugespitzt hat. Erneut kamen an die 100 DemonstrantInnen in der Stadt Deraa ums Leben, die syrische Armee ist bereits in die Hafenstadt Banias eingerückt, um gegen Protestierende vorzugehen.

Dies verschärft die generelle Gefahr für syrische Minderheiten wie Staatenlose, KurdInnen und YezidInnen, nach der unfreiwilligen Rückkehr Haft und Folter ausgesetzt zu werden. Bislang wurden Abschiebungen durch das Anfang 2009 geschlossene sog. Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und Syrien möglich gemacht. In mehreren Fällen wurden abgeschobene Personen nach ihrer Ankunft inhaftiert und gefoltert. Das jüngste Beispiel ist das der Familie Naso, die im Februar 2011 von Hildesheim in Niedersachsen abgeschoben wurde. Der 15-jährige Anuar und sein Vater Badir wurden umgehend festgenommen, Anuar musste sogar einen Monat im Gefängnis bleiben.

Eine Abschiebung nach Syrien bedeutet Haft und Folter“, erklärt der syrische Kurde Z. M. Er floh vor sechs Jahren aus Syrien, nachdem er dort zweimal inhaftiert worden war. Bisher hat Herr M. in Deutschland allerdings kein Asyl erhalten und lebt mit seiner Familie in ständiger Unsicherheit und Angst. „Auch meine Beteiligung an Protesten hier in Deutschland wird genau beobachtet und würde im Falle einer Abschiebung direkt ins Gefängnis führen“, berichtet Herr M. Politisches Engagement gegen das syrische Regime wird in Syrien als „Schädigung des Ansehens Syriens“ gewertet, in den Gefängnissen ist physische und psychische Gewalt an der Tagesordnung.

Der Bayerische Flüchtlingsrat und das Netzwerk Syrien Abschiebungen Stoppen fordern daher die Mitglieder des Rechts- und Verfassungsausschusses dazu auf, dem Dringlichkeitsantrag statt zu geben und einen Abschiebestopp nach Syrien zu beschließen. „Das Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und dem Folterstaat Syrien ist prinzipiell aufzuheben“, fordert Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Ein Anfang könnte gemacht werden, in dem angesichts der derzeitigen Krisensituation in Syrien Abschiebungen sofort gestoppt werden.

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