19.03.2009

Konsequent und gemeinsam gegen menschenunwürdige Asylunterbringung

Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge im Regierungsbezirk Unterfranken e.V.: Am 01.04.1993 wurde eine Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZASt) in der von den Amerikanern geräumten Kaserne in der Dürrbachau mit einer Kapazität von bis zu 700 Personen eröffnet. Damit entfiel das bisherige Nutzungskonzept für das Gelände als Supermarkt und ähnliche Einrichtungen zugunsten der Bewohner der Dürrbachau. Die Schaffung der ZASt geschah auf dem Hintergrund der Grundgesetzänderung zum Asylrecht, der Novellierung des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) und des Erlasses des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) im Jahr 1992/93.

In der Folgezeit wurden daher in der ZASt Asylbewerber nach der Einreise zur Asylantragstellung für einen Zeitraum von etwa 3 Monaten untergebracht. Anschließend erfolgte die Verteilung in Gemeinschaftsunterkünfte überwiegend im nordbayerischen Raum. Nach Abschluss des Asylverfahrens erging an die Flüchtlinge die Aufforderung zum umgehenden Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft, sofern nach negativem Abschluss des Asylverfahrens keine zeitnahe Abschiebung möglich war.

Im Zusammenhang mit dem Rückgang der Asylantragsteller und dem Erlass des Bayerischen Aufnahmegesetzes 2002 begann die Umwandlung der ZASt in eine Gemeinschaftsunterkunft (GU), unter Beibehaltung einer Kapazität von bis zu 700 Personen.

Weitere Entwicklung und heutige Situation

Zu dieser Gesetzeslage in Bayern ab 2002 führt der Bayerische Flüchtlingsrat in der Begründung zu seiner Sammelpetition (einzusehen und zu unterzeichnen auf der Internetseite www.fluechtlingsrat-bayern.de ) zutreffend aus:

Seit 2002 ist das bayerische Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AufnG) in Kraft. Es regelt in Art. 4 Abs. 1 die Pflicht für Flüchtlinge, in Lagern zu leben. Diese Regelung stellt eine massive Verschärfung der Regelungen nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) dar.

§ 53 Abs. 1 AsylVfG hält lediglich fest, dass Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden, nach dem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung „in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden“ sollen. Bayern weicht bei der Umsetzung dieser Regelung deutlich von der Praxis anderer Bundesländer ab, die hier großzügig von ihrem Auslegungsspielraum Gebrauch machen und den Auszug aus den Flüchtlingslagern zulassen.

Das AsylbLG hält in § 3 Abs. 1 für Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder einer Duldung fest, dass der „notwendige Bedarf an […] Unterkunft, Heizung […] durch Sachleistungen gedeckt“ werden soll. Daher ist auch eine Unterbringung in Wohnungen, sofern die Miete direkt an die VermieterInnen gezahlt wird, möglich und zulässig. Dies wird in anderen Bundesländern bereits praktiziert.

Mit dem AufnG hat Bayern ein Lager-System für Flüchtlinge geschaffen, dem selbst Härtefälle wie Familien mit Kindern, Traumatisierte, SeniorInnen, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder Flüchtlinge mit Behinderungen oder schweren Krankheiten kaum entkommen können.

Zusätzlich soll die Unterbringung in Flüchtlingslagern nach der bayerischen Verordnung zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes (DVAsyl) „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“ (§7 Abs. 5). Damit wird der psychische Druck auf Flüchtlinge durch schlechte Lebensbedingungen gesetzlich legitimiert. Jahrelange Unterbringung in Mehrbettzimmern in alten Gasthöfen, ausgedienten Kasernen und Containerunterkünften; Gemeinschaftsküchen und -bäder; Essens- und Hygienepakete; gebrauchte Kleidung oder Gutscheine; Arbeitsverbote und die Residenzpflicht zermürben die betroffenen Flüchtlinge. Viele sind psychisch und/oder physisch krank und leiden massiv unter dieser Art von „Förderung der Rückkehrbereitschaft“....


Konkret in Würzburg und Unterfranken führte dies dazu, dass zum einen sogar bereits erlaubtermaßen in Privatwohnungen lebende und in ihrem Umfeld integrierte Menschen in GU`s zurück gezwungen wurden und generell kein Auszug mehr erlaubt, zum anderen die Erstaufnahmeeinrichtung in der Kaserne in Würzburg geschlossen und diese in eine reine GU umgewandelt wurde.

Folge hiervon und zwar für Jahre

Auf engstem Raum zusammengepfercht, bis zu 6 einander fremde Männer oder Frauen in einem Zimmer und ebenso vierköpfige Familien, gibt es keinerlei Privat- und Intimsphäre. Es gibt 3 Toiletten auf einem Flur für 40 Menschen und nicht abschließbare Gemeinschaftsduschen und Waschräume, lediglich Gemeinschaftsküchen, Essens- und Hygienepakete. Selbst Ärzte stellen inzwischen öffentlich fest, dass die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft krank mache.

Nachdem die Kritik an der Gemeinschaftsunterkunft von verschiedensten Seiten - gerade in letzter Zeit - immer lauter geäußert wurde, fand am 14.2.2009 ein vom Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge im Regierungsbezirk Unterfranken e.V. (FaF) organisiertes Koordinations- und Informationstreffen (KIT) statt, mit dem Ziel diese Kräfte zu bündeln. Von einem breiten Teilnehmerkreis – von politischen über medizinische, karitative, soziale und bürgerschaftliche bis hin zu christlichen Organisationen und Einzelpersonen – wurde eine gemeinsame Resolution auf den Weg gebracht. Diese Resolution wurde von folgenden Organisationen sowie Einzelpersonen als Erstunterzeichner unterschrieben:

Asyl AK der KHG; Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Würzburg; AWF (Arbeitsgemeinschaft Würzburger Frauenorganisationen); Bündnis 90/die Grünen, Stadtratsfraktion in Würzburg; Bündnis 90/die Grünen, Kreisverband Würzburg-Stadt; Bündnis Zivilcourage; Bürgerverein Dürrbachau; Bürgerverein Heuchelhof; Bürgerverein Lengfeld; Caritasverband für die Diözese Würzburg, vertr. durch den Caritasdirektor Martin Pfriem und den 1. Vorstand Domkapitular Dietrich Seidel; Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge im Regierungsbezirk Unterfranken e.V. (FaF); Männerbüro Mainfranken; Missionsärztliche Klinik gGmbH, Abteilung Tropenmedizin; Oberzeller Franziskanerinnen; ÖDP (Würzburg); Ökumenischer Asyl AK Würzburg; Asylseelsorge der Diözese Würzburg; SPD, Stadtratsfraktion in Würzburg; SPD Würzburg; Terre des Hommes, Arbeitsgruppe Würzburg; UNICEF, Arbeitsgruppe Würzburg; Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.; Verein für Fremdenfreundlichkeit gegen Rassismus; Vivolo e.V. - Verein für kulturelle Zusammenarbeit; Würzburger Liste - die Freien Wähler e.V.
Amrhein, Meinrad; Angenvoort-Baier, Andrea; Barnickel, Kurt; Baumann, Rosemarie; Behr, Rainer; Bergold-Nitaj, Gerlinde; Braunschmidt, Lars; Brünner, Melanie; Dauerer, Dieter; Dr. Brembs, Gunhild; Fabisch-Uthe, Eva-Maria; Frank, Michael; Friedl, Patrick; Halbig, Magdalena; Hartmann, Ulrike; Heurici, Barbara; Horn, Rosemarie; Hümmer, Ernst; Huth, Christa; Jäckel, Reiner; Jacobi, Veronika; Jakob-Komianos, Elfriede; Janssen, Lotte; Janssen Heribert; Kerner, Christiane; Kipple, Thomas; Kirchhof, Bernd; Kirmaier, Julia; Köbler, Anne; Koch, Michael; Koch, Christiane; Komianos, Jannis; Lippert, Gernot; Lippert, Kira; Löhe, Burkhard; Maier, Reiner; Adam, Martin; Nadler, Norbert; Nata N'tcha, Andrea; Pecoraro, Antonino; Peteler, Eva; Pfeiffer, Alexander; Pfeiffer, Michaela; Pfeiffer Hannah; Pieper, Matthias; Pilz, Matthias; Poschet, Hildegard; Preuß, Wolfhard; Probst, Marielle; Rehberger, Sr. Irmlind; Reiniger, Erhard; Ritter, Barbara; Roth, Rosemarie; Schacht, Christl; Schneider, Bärbel; Schürkens, Joachim; Sims, Elaine; Sims, Richard; Soldo de Rico-Gonzalez, Natali; Steinbach, Nadine; Steinbach, Thomas; Steinheim, Christine; Stich, August; Totta, Gaetano; Traoré, Altiné; Vogel, Isabell; von Finck, Maria Anna; Wagner, Sabine; Waskiewicz, Natascha; Weinberger, Lindi; Weininger, Simone; Werner, Gislind; Wolf, Dietlinde;

Ausblick

Die Resolution wird nebst einem Anschreiben an alle unterfränkischen Landtags- und Bundestagsabgeordneten sowie an Parteien und Wählervereinigungen übersandt werden, verbunden mit der Aufforderung zur Stellungnahme und zum Einsatz für eine gesetzliche Änderung hin zu einer menschenwürdigen Unterkunftssituation.

Selbstverständlich werden wir auch weitere Öffentlichkeitsarbeit betreiben, z.B. durch Infostände und die weitere Sammlung von Unterschriften.

Der Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge hat sich auch der „Sammelpetition Wohnungen statt Flüchtlingslager“ des Bayerischen Flüchtlingsrates angeschlossen und diese mitunterzeichnet. .

Die Zeit ist reif: bereits am 23.4.2009 findet im Bayerischen Landtag eine Anhörung bezüglich der Flüchtlingsunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften statt.

Wir hoffen, dass unsere Aktivitäten dazu beitragen, dass es zu einer Änderung und Verbesserung der Unterbringungssituation kommt.

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