27.10.2012
Kein Missbrauch des Asylrechts durch die deutsche Politik!
Die Rechtsberaterkonferenz fordert
500.000 ermordeter Sinti und Roma wurde am 24.Oktober mit der Einweihung eines Denkmals in Berlin gedacht. In ihrer Rede erklärte die Kanzlerin, der Völkermord an Sinti und Roma habe tiefe Spuren hinterlassen und noch tiefere Wunden. Er mahne an die Verpflichtung, die Würde des Menschen zu achten und zwar in jedem einzelnen Fall.
Lebende Roma sollen jedoch möglichst gar nicht erst nach Deutschland hineingelassen werden – so die Regierungspolitik, die dazu fordert, EU-weit die Visumsfreiheit für mazedonische und serbische Staatsangehörige wieder abzuschaffen.
Nach EU – Recht ist es nicht einfach, eine einmal eingeführte Visumsfreiheit für bestimmte Staaten wieder aufzuheben. Die EU – Kommission muss dies formell vorschlagen und so ein ordnungsgemäßes Rechtssetzungsverfahren der Union eingeleitet werden. Ein einzelner Mitgliedstaat kann ein solches Verfahren nicht in Gang setzen.
Das weiß auch die Bundesregierung – und will deswegen Serbien und Mazedonien auf die nationale deutsche Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ (gem. Art 16a Abs. 3 Grundgesetz ein Staat, “bei dem auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet“) setzen lassen, weil sie den Status von „EU – Beitrittskandidaten“ besitzen. Von beiden Staaten ist allerdings ebenso bekannt, dass die dort lebenden Roma in extremer Weise diskriminiert werden, z.B. beim Zugang zu Wohnungen, gesundheitlicher Versorgung oder Bildungseinrichtungen.
UNHCR sieht flüchtlingsrechtlichen Schutzbedarf für Roma zumindest in einzelnen Fällen und empfiehlt deswegen, den Zugang zu entsprechenden Prüfungsverfahren nicht zu verwehren oder zu beschränken.
Die Mitglieder der Rechtsberaterkonferenz haben auf ihrer Herbsttagung in Erkner am 26./27. Oktober 2012 die Problemlage erörtert. Sie vertreten die Auffassung, dass deutsche Politiker nicht das Ergebnis von flüchtlingsrechtlichen Prüfungsverfahren, die im deutschen Recht gelten, vorwegnehmen dürfen. Der Zugang zu solchen Verfahren darf nicht von fiskalischen Erwägungen abhängig gemacht werden – andere Handlungsweisen würden ebenso gegen europäisches Recht wie gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen. Verfahrenszugang ist vielmehr uneingeschränkt zu gewähren, wenn Menschen wegen Krisensituationen in ihrem Herkunftsland sich entscheiden, in Deutschland als Flüchtlinge Schutz zu suchen.
Für den Sprecherrat der Rechtsberaterkonferenz:
Prof. Dr. Holger Hoffmann, Hochschullehrer, Bielefeld
Die Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ist ein Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden Caritasverband (DCV), Diakonisches Werk (DW) und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) es sich seit Jahren zur Aufgabe gemacht haben, Rechtsberatung für Asylsuchende und ausländische Flüchtlinge durchzuführen.