21.11.2002

Integrieren können Sie woanders

Das Wort vom „Rundfunk für Alle“, mit dem der Bayerische Rundfunk wirbt, gilt nur noch bis zum Jahresende. Dann will der Bayerische Rundfunk seine italienische, spanische und griechische Hörfunk-Redaktion auflösen. Zugleich will die ARD die täglichen muttersprachlichen Sendungen für Eingewanderte einstellen – ersatzlos. Lediglich das „Funkhaus Europa“ des WDR und „Radio Multikulti“ beim SFB sollen fortgeführt werden. Doch auch diese Programme werden darunter leiden, dass Gebühren anderer Rundfunkanstalten wegfallen werden. Bei der ARD Intendanten-Sitzung am kommenden Montag steht der Kahlschlag in Sachen Integration auf dem Programm.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und insbesondere der Bayerische Rundfunk zieht sich damit aus der Verantwortung, auch für die in Deutschland lebenden Migranten Medienangebote zu machen, die ihre Interessen und Lebenssituation berücksichtigen. Migranten sind damit mehr denn je auf Bürgerradios angewiesen, die themenspezifische und teilweise muttersprachliche Programme gestalten. Medienpolitisch ist die Auflösung der migrantenspezifischen Programme kurzsichtig und unklug, gesellschaftspolitisch ist sie eine Bankrott-Erklärung verantwortungsbewusster Programmgestaltung. Der Bayerische Rundfunk folgt in seiner Entscheidung der CSU Politik, die vollmundig die Integration fordert und zugleich keinen Cent dafür ausgeben will. Auf die Migranten hat dies den Effekt, dass sie zwar Gebühren zahlen, sich aber in der Medienlandschaft nicht repräsentiert sehen. Die oft als bedrohlich beschriebenen Nebengesellschaften werden durch eine solche Politik unterstützt.

Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert die Entscheidung des Bayerischen Rundfunks zur Einstellung der migrantenspezifischen Programme aufs schärfste. „Statt die öffentliche Aufgabe der Integration durch zeitgemäße und die Interessen der MigrantInnen berücksichtigende Programmgestaltung wahrzunehmen, schert sich der Bayerische Rundfunk nicht um die Belange seiner Gebührenzahler. Migrantinnen und Migranten werden zur Kasse gebeten, ohne dass sie sich in Hörfunk- und Fernsehprogrammen wiederfinden. Das ist eine offene Absage an jede Art integrativer Medienpolitik. Statt Einwanderer zunehmend in die Programmgestaltung einzubeziehen, fördert der Bayerische Rundfunk die Segregation dauerhaft in Bayern lebender Minderheiten. Mit dieser ‚Leitkultur’-Politik offenbart der Bayerische Rundfunk seine Instinktlosigkeit gegenüber der Gesellschaft und sein Desinteresse an verantwortlicher Programmgestaltung“, so Matthias Weinzierl von der Geschäftsstelle des Bayerischen Flüchtlingsrats.

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