26.11.2003

„Illegale“ aus Chile bringt Serienvergewaltiger in Untersuchungshaft

Der Lohn: Am 1. Dezember muss sie das Land verlassen, eine Einreisesperre für Deutschland droht

Frau Nora Nunez kam in einer äußerst schweren Notlage zum Cafe 104, der Vermittlungsstelle für medizinische Hilfe für „illegale“ MigrantInnen. Sie war Opfer einer Vergewaltigung geworden und brauchte Schutz und medizinische Betreuung. Der Täter, ein Deutscher, hielt sie insgesamt sieben Stunden in seiner Wohnung gefangen, vergewaltigte sie mehrmals und fügte ihr mit einem Küchenmesser eine Stichwunde in den Rücken zu. Nur durch einen glücklichen Zufall gelang ihr die Flucht.

Es dauerte einige Zeit, bis die äußeren Rahmenbedingungen geschaffen waren, dass Frau Nunez eine Anzeige stellen konnte. Denn erst einmal galt es, sie medizinisch zu versorgen und in einer geschützten Einrichtung unterzubringen, zumal der Täter sehr schnell damit begann, in München nach Frau Nunez zu suchen. Doch gerade die Unterbringung erwies sich aufgrund ihres illegalen Aufenthalts als äußerst problematisch. Es dauerte fast eine Woche, bis ein Platz in einem Frauenhaus für sie gefunden werden konnte.

Erst dann hatte Frau Nunez die Ruhe, sich an eine Anwältin zu wenden. Mit ihr brachte sie die Vergewaltigung zur Anzeige. Daraufhin konnte der Täter innerhalb kurzer Zeit gefasst und in Untersuchungshaft gebracht werden, wo er neben Frau Nunez Vergewaltigung noch acht weitere Vergewaltigungen und mehrere versuchte Tötungsdelikte gestand. Daraufhin war Frau Nunez in den Augen der Staatsanwaltschaft nicht mehr unbedingt für den Prozess nötig und das Kreisverwaltungsreferat in München drängte zur Ausreise, die nun für den 1. Dezember vorgesehen ist.

Frau Nunez bekam, obwohl sie infolge dieser siebenstündigen Vergewaltigung schwer traumatisiert ist, keine Therapie und auch keinerlei finanzielle Hilfe von offizieller Seite. Diese Verweigerung der Hilfeleistung und der Anerkennung, dass Frau Nunez Anzeige ausschlaggebend dafür war, einen Serienvergewaltiger festzusetzen, wird stets mit ihrer wiederholten „Illegalität“ in Deutschland begründet. Nun soll sie deshalb auch noch eine begrenzte Einreisesperre für dieses Land bekommen, obwohl hier ihre Tochter und ihr Enkelkind leben.

Menschen, die keinen Aufenthaltstitel besitzen, werden in diesem Land zu Menschen dritter oder vierter Klasse gemacht, die offensichtlich noch nicht einmal Grundrechte, wie das Recht auf medizinische Versorgung, zu genießen scheinen. Die Unmenschlichkeit, mit der Frau Nunez hier behandelt wird, ist keine Ausnahme. Dieses Schicksal teilen viele der in München lebenden 30.000 Illegalen – nur sind nicht alle so mutig, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

Frau Nunez benötigt Geld, um den Flug nach Chile bezahlen und sich dort neu Orientieren zu können.
Wir bitten deshalb um Spenden unter dem Stichwort „NORA“ an das Konto des Bayerischen Flüchtlingsrats, Konto-Nr.: 88 326 02, BLZ: 700 205 00, Bank für Sozialwirtschaft

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