08.08.2007

500 Euro Kopfgeld für jedes Nigeria-Abschiebepapier!

Karawane-München weitet Proteste gegen dubiose Botschaftsdelegation aus / Nigerianerin droht Steinigung - trotzdem droht Abschiebung

Karawane München: In dem Flüchtlingslager an der Tischlerstrasse 30, in München, findet zur Zeit eine Abschiebeanhörung für 135 Nigerianer statt. Hierbei wird sich die Korruption im Herkunftsland zu nutze gemacht. Für jedes „Interview zur Identitätsklärung von Flüchtlingen“, welches nigerianische Botschaftsvertreter in 2006 durchführen, erhielten sie 250 Euro von der Bundespolizei. Weitere 250 Euro Erfolgsprämie bekamen die Vertreter des korruptesten Landes in Afrika, wenn ein „Travel Certificate“ ausgestellt wird, das eine sofortige Abschiebung abgelehnter Asylbewerber ermöglicht. Sollte nur für die Hälfte der 135 geladenen Nigerianer die volle Prämie gezahlt werden ein satter Gewinn: 33.750 Euro würden die Botschaftsvertreter einstreichen. 2005 weigerte sich Nigeria noch, durch Anhörungen an Abschiebungen mitzuwirken. Nachdem das Kopfgeld von 130 Euro auf 250 Euro erhöht wurde, finden sie nun wieder statt. (Quelle: Spiegel 45/2006)

Bei den Abschiebeanhörungen werden abgelehnte AsylbewerberInnen gezwungen, bei einer Delegation der Botschaft ihres (oft auch nur vermuteten) Heimatlandes vorzusprechen, um als Bürger desselben identifiziert zu werden. Im Falle einer Identifikation wird dann ein so genanntes Travel Certificate (TC) ausgestellt, mit dem eine Abschiebung erst möglich wird. Botschaftsvorführungen und Papierbeschaffung sind also zentrale Vorgehensweisen der Abschiebebehörden. Die Karawane München hat sich schon seit Jahren gegen diese Termine eingesetzt, zuletzt im April gegen ein Termin mit der Delegation der irakischen Botschaft. Meistens, wie auch heute, finden diese Termine im Flüchtlingslager in der Tischlerstraße statt. Die nigerianische Delegation hält sich von Dienstag bis Donnerstag in München auf, und deswegen rufen wir auch weiterhin zu Protest auf.

Kundgebungen gegen die Botschaftstermine mit der Nigerianischen Botschaft
Donnerstag, 9. August 2007

Flüchtlingslager in der Tischlerstraße (U-Bahn Fürstenried West)
9.oo bis 14.oo Uhr


Heute waren schon etwa 15 Menschen trotz Regen vor Ort, um ihrer Protest kundzutun und ankommenden Flüchtlingen den Hintergrund zu erklären. Nur acht Nigerianer erschienen, vier der Nigerianer entschieden sich nachdem die Karawane sie über mögliche Konsequenzen informierte der Vorführung fern zu bleiben. Eine Nigerianerin berichtete das sie trotz Lebensgefahr von Abschiebung bedroht ist. Sie floh in 2003 nach Deutschland da sie ohne verheiratet zu sein ein Kind bekam. Da sie Muslimin ist drohte ihr in Nigeria die Steinigung, da dort die Sharia, islamisches Recht, angewandt wird. Trotzdem wurde ihr Asylantrag abgelehnt, Deutschland möchte sie abschieben, dies konnte durch die Aktion der Karawane vorerst verhindert werden.

Die Polizei war mit rund 30 Beamten vor Ort und versuchte wiederum (wie auch im April), Kontakt zu Flüchtlingen zu erschweren. Insbesondere stellten sie sich bei jedem Gespräch dazu und hörten mit, was wir als klare Einschüchterungstaktik einschätzen. Permanent wurde Aktivisten mit Anzeigen wegen "Aufruf zu Straftaten" gedroht. Ein Aktivist wurde eine halbe Stunde von der Polizei festgesetzt, nachdem er "Don't go inside!" gesagt hatte.

Ob, wie es oft behauptet wird, es für Flüchtlinge eine Straftat darstellt, bei einem solchen Termin nicht zu erscheinen, bezweifeln wir. Laut einem aktuellen Urteil des OLG Celle, stellt das Nichterscheinen bei einem Botschaftstermin nämlich keineswegs eine Straftat dar.

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