28.05.2018

Hochschwangere in Abschiebehaft

21-jährige soll 2 Tage vor Beginn des Mutterschutzes abgeschoben werden / Fünfjähriger Sohn vom Jugendamt in Obhut genommen / Flüchtlingsrat: „Gipfel menschenunwürdiger ‚christsozialer’ Politik“

 

Die hochschwangere Frau A. (21 Jahre alt) war in Hengersberg, einer Außenstelle des Transitzentrum Deggendorfs, untergebracht, zusammen mit ihrem fünfjährigen Sohn und ihrem Partner, der auch der Vater ihres ungeborenen Kindes ist. Der errechnete Entbindungstermin ist am 13.7.2018, der gesetzliche Mutterschutz beginnt somit am 1.6.2018. Ab diesem Datum darf Frau A. nicht mehr abgeschoben werden.

Am frühen Morgen des 14.05.2018 um 3.35 Uhr stürmte die Polizei ihr Zimmer. Frau A. war unbekleidet und in Panik und verstand nicht, was um sie herum vorging. Laut Polizei soll sie Widerstand geleistet und gedroht haben, aus dem Fenster zu springen. Hierbei ist zu beachten, dass für diese Abschiebung mehrere Polizisten auf 2 Etagen der Unterkunft in Hengersberg mit scharfen Hunden andere Bewohner*innen abschirmten und sicherten, dass Geflüchtete nicht intervenieren können. Eine Flucht von Frau A. wäre also schlichtweg unmöglich gewesen.
Aufgrund dieser angeblichen Fluchtgefahr kam Frau A. in Abschiebehaft in die JVA Erding. Ihr Sohn wurde vom Jugendamt Deggendorf in Obhut genommen, ihr Partner blieb im Transitzentrum Deggendorf zurück.

Frau A.s Anwältin, Petra Haubner aus Passau, stellte beim VG Regensburg einen Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung, da der grundgesetzlich garantierte Schutz von Ehe und Familie höher steht, als die Abschiebung nach Italien. Die zuständige Richterin lehnte den Eilantrag jedoch ab mit der Begründung, solange das Kind noch nicht geboren sei, handele es sich bei Vater und Kind nicht um Familienangehörige im Sinne der Dublin-Verordnung, da noch keine familiäre Beziehung bestehe. Wenn der Vater ein Bleiberecht in Deutschland erhalte, könne Frau A. nach Geburt des gemeinsamen Kindes ja einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen. Heute wurde eine Verfassungsbeschwerde in dem Fall eingereicht, in der verschiedene Grundrechtsverletzungen angeprangert werden.

Die Abschiebung von Frau A. und ihrem Sohn nach Italien ist für den 30. Mai 2018 geplant, ganze zwei Tage vor Beginn des Mutterschutzes. Ob dieses Zeichens des Rechtsstaats, der eine solche menschenfeindliche Abschiebung für rechtens erklärt, herrscht Fassungslosigkeit.
IMMA e.V. (Initiative für Münchner Mädchen) und der Bayerische Flüchtlingsrat kritisieren die Inhaftierung und die geplante Abschiebung und fordern ihre sofortige Aussetzung. „Hochschwangere Frauen auf den letzten Drücker abzuschieben, Familien zu zerreißen und das Leben eines noch ungeborenen Kindes zu gefährden, um die Ausreiseverpflichtung entschlossen und gegen alle Widerstände durchzusetzen, ist der Gipfel menschenunwürdiger christsozialer Politik“, hält Jana Weidhaase, Sprecherin des Bayerischen Flüchtlingsrats, den verantwortlichen Behörden und Gerichten vor. „Das ist das Ergebnis des massiven Abschiebedrucks, den die bayerische Staatsregierung ausübt, und der Gipfel des Verrats christlich sozialer Werte. Herr Herrmann: Stoppen Sie diese Abschiebung! Sofort!“

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