29.09.2014
Herrmanns Äußerungen zur Lagerpflicht populistisch und unverschämt
Innenminister Joachim Herrmann mischt sich in Änderung des Aufnahmegesetzes ein, die ihn nichts angeht
Derzeit überprüft Bayerns Sozialministerin Emilia Müller das bayerische Aufnahmegesetz und will dessen Lockerung, um die Unterbringung der in Bayern neu ankommenden Flüchtlinge zu gewährleisten. Dazu müsste die strikte Lagerpflicht gestrichen werden, damit Flüchtlinge zu Familienangehörigen, Freunden und Bekannten, in eigene Wohnungen und WG-Zimmer ziehen können und auch, damit sie von Privatleuten aufgenommen werden könnten.
Dazu meldete sich nun Innenminister Joachim Herrmann gegenüber der Passauer Neuen Presse zu Wort. Er lehnt eine Änderung des Aufnahmegesetzes ab, da Flüchtlinge mit Duldung „eine Fahrkarte ins Heimatland“ bräuchten und keine neue Wohnung. Er hat offenbar immer noch nicht bemerkt, dass die bayerische Asyldurchführungsverordnung im Sommer 2013 geändert wurde. Der Halbsatz, die Unterbringung in Flüchtlingslagern solle „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“, ist längst gestrichen. Und auch das Bundesverfassungsgericht scheint Herrmann nicht weiter zu interessieren, das sich im Juli 2012 klar gegen den Missbrauch von Sozialleistungen für migrationspolitische Steuerungsversuche ausgesprochen und damals geurteilt hat: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“.
Der Bayerische Flüchtlingsrat zeigt sich entsetzt über diesen Rückfall in anachronistische asylpolitische Denkmuster.
„Flüchtlinge haben ein Anrecht auf eine menschenwürdige Unterkunft, was mit der jahrelangen Lagerunterbringung auf engstem Raum ohne jegliche Privatsphäre nicht gewährleistet ist. Gleichzeitig haben neu ankommende Flüchtlinge einen Anspruch auf eine Unterkunft, wir können Flüchtlinge einfach nicht obdachlos werden lassen. Um diese Anforderungen bei steigenden Flüchtlingszahlen in Einklang zu bringen ist es dringend notwendig, Flüchtlinge so schnell als möglich aus den Lagern ausziehen zu lassen. Dass Bayerns Sozialministerin Emilia Müller und der bayerische Integrationsbeauftragte Martin Neumeyer eine entsprechende Lockerung des Aufnahmegesetzes fordern, ist deshalb absolut richtig“, kommentiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.
„Die Sozialministerin ist dafür auch zuständig, da es sich bei der Unterbringung von Flüchtlingen dem Grunde nach um eine Sozialleistung handelt. Dass Innenminister Herrmann sich hier einmischt und die Unterbringung erneut dafür missbrauchen will, Druck auf die Abschiebung auszuüben, ist reiner Populismus und an Unverschämtheit nicht zu überbieten.“