14.09.2016

Gesetzeswidrige Wohnsitzauflage

Bayern setzt die viel kritisierte Wohnsitzauflage um - befürchtete Absurditäten nehmen ihren Lauf

 

Teil des im August in Kraft getretenen Integrationsgesetztes ist die bereits im Vorfeld stark kritisierte Wohnsitzauflage, die anerkannten Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus die freie Wohnortwahl untersagt. Den einzelnen Bundesländern steht es frei, ob und in welchem Rahmen sie die Auflage umsetzen. Während einige Länder wie Rheinland-Pfalz zunächst keinen Anlass sehen die Wohnsitzzuweisung anzuordnen, macht Bayern seinem Ruf als asylrestriktivstes Bundesland wieder alle Ehre. Nicht nur dass Bayern als erstes Bundesland die Auflage einführte - sie wurde auch sofort mit dem Vorschlaghammer umgesetzt.

 

Die Zuweisung des Wohnortes soll rückwirkend zum 01.01.2016 erfolgen– worauf jedoch andere Bundesländer aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verzichten wollen. Doch davon will Bayern scheinbar nichts wissen. Die Befürchtungen Vieler, aufgrund der Wohnsitzzuweisung geplante Umzüge nicht vollziehen zu können oder bereits umgezogen zu sein und wieder zurückzumüssen, scheinen sich zu bewahrheiten. „Wir haben in den letzten Tagen von mehreren Fällen erfahren, in denen die hiesigen Ausländerbehörden, ohne Rücksicht auf bereits angemietete Wohnungen, bezahlte Kautionen, Anmeldungen in Kursen oder Schulen, in letzter Sekunde einen Umzug verhinderten oder Personen aufforderten wieder zurückzukommen“, berichtet Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

 

Die Wohnsitzauflage ist mit bestehendem Völkerrecht nicht vereinbar. Gemäß Genfer Flüchtlingskonvention und EU-Qualifikationsrichtlinie gilt der Freizügigkeitgrundsatz für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ebenso wie für jeweilige Staatsangehörige.

Gerechtfertigt wird die Wohnsitzauflage mit der Begründung, Integration fördern und Parallelgesellschaften verhindern zu wollen. Genau das Gegenteil wird erreicht, wenn Menschen ein Wohnortswechsel untersagt wird. Denn dieser wird in der Regel dann angestrebt, wenn konkrete berufliche und soziale Perspektiven erwartet werden – die jedoch durch die neue Regelung verhindert werden. „Mit der diskriminierenden Wohnsitzauflage werden Integrationsbemühungen Geflüchteter konterkariert und Segregation gefördert“ kritisiert Johanna Böhm. „Wenn Integration aktiv verhindert werden soll, dann sind Sonderregeln, Zwang und Verbote genau das richtige Mittel“.

 

Bislang sind die befürchteten Massenzuströme in die Großstädte ohnehin ausgeblieben. Viele fühlen sich in ihren bisherigen Wohnorten wohl und möchten das Bundesland oder die Stadt nicht wechseln. Was bleibt ist eine sozial- und wirtschaftspolitisch völlig unsinnige Auflage, die eine erfolgreiche Integration durch Arbeit und soziale Netzwerke stoppt und infolge des bürokratischen Mehraufwands immense Kosten verursacht. „Die Wohnsitzauflage ist eine Fortführung der bisherigen flüchtlingsfeindlichen Gesetze, die Diskriminierung und Benachteiligung zur Folge haben und den diffusen Ängsten am rechten Rand nachgeben“.

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