18.05.2007

G8: Die Flüchtlingskarawane hat begonnen!

Zusammenfassung der Auftakt-Pressekonferenz zur Karawane-Tour 2007

Karawane München, Bayerischer Flüchtlingsrat: Am Samstag den 19.5.07 beginnt die Karawane-Tour 2007 durch 16 Städte zum G8-Gipfel in Heiligendamm im oberbayerischen Neuburg an der Donau. Flüchtlingsaktivisten berichteten bei der heutigen Pressekonferenz über die Hintergründe der gesamten Tour und die Themen des Auftakts in Neuburg.

Sunny Omwenyeke, nigerianischer Menschenrechtsaktivist aus Bremen, engagiert sich seit 1998 in der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen. Er zeigte den Zusammenhang der Politik der G8-Staaten und den weltweiten Migrationsströmen am Beispiel seines Herkunftslandes Nigeria auf. Transnationale Konzerne mit Sitz in den G8-Staaten beuten im Niger-Delta die dortigen Öl-Vorkommen aus. Sie kooperieren dazu mit einem korrupten und undemokratischen Regime, das die Einnahmen aus der Ölförderung am Staatshaushalt vorbei auf private Konten schleust und die Belange der nigerianischen Bevölkerung missachtet. Die Ölkonzerne ignorieren die ökologische und soziale Umwelt, die Menschen im Nigerdelta verarmen zusehends, ihre Lebenswelt wird durch die Ölförderung zerstört und vergiftet, vielerorts ist das Trinkwasser ungenießbar. Außerdem heizen sie Konflikte unter der Bevölkerung durch Waffenlieferungen an beteiligte Gruppen an. Die Förderanlagen werden zudem von nigerianischen Militärs bewacht, die immer wieder durch Übergriffe auf Oppositionelle und die Zivilbevölkerung auffallen. Doch während diese G8-Politik viele Menschen in die Flucht aus ihrer Heimat treibt, werden sie, so sie Europa erreichen, nicht als Flüchtlinge anerkannt und wieder abgeschoben. Sunny Omwenyeke: „Diese menschenfeindliche Politik wird durch die G8 koordiniert, ohne demokratische Kontrolle, an den Interessen der Menschen auf der ganzen Welt vorbei. Die Karawane zieht deshalb nach Heiligendamm, um die selbsternannten Weltherrscher an ihre Verantwortung zu erinnern und ihnen zu sagen: Wir sind hier, weil Ihr unsere Länder zerstört".

Debru Zewdie Ejeta, äthiopischer Flüchtling aus Neuburg, informierte über das rigide bayerische Lagersystem für Flüchtlinge, gegen das sich die Demonstration am Samstag in Neuburg richtet. Alle Flüchtlinge sind in Bayern dazu verpflichtet, in Flüchtlingslagern zu leben. Diese Verpflichtung wurde 2002 im Bayerischen Landesaufnahmegesetz rechtlich verankert und wird seitdem rigide durchgesetzt. Das führt dazu, dass Flüchtlinge über Jahre unter menschenunwürdigen Lebensbedingungen in Lagern leben müssen. „Sie nehmen uns jede Freiheit, die Flüchtlinge dürfen nicht arbeiten, sie dürfen nicht entscheiden, was sie essen wollen, sie dürfen sich nicht frei bewegen. Und obwohl sie sich bemühen, genau das tun, was die Behörden von ihnen wollen, entziehen sie ihnen sofort das Taschengeld, das mit 40 € viel zu gering ist" kritisiert Debru Zewdie Ejeta. „Das macht uns kaputt, aber das soll es ja, denn in einer Durchführungsverordnung zu dem bayerischen Lagergesetz steht, dass die Lagerunterbringung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise fördern soll. Das ist menschenverachtend!"

Die Irakerin Gülcan Ghafur Mustafa aus Regensburg, die als Referentin vorgesehen war, erhielt  von der Ausländerbehörde keine Erlaubnis erhielt ihren Landkreis zu verlassen. „Hier zeigt sich, wie die Residenzpflicht neben dem Menschenrecht auf Freizügigkeit auch weitere Grundrechte einschränkt. Das Recht auf Meinungsfreiheit gilt für Frau Ghafur Mustafa und andere Flüchtlinge anscheinend nicht", empört sich Tobias Klaus von der Karawane München, der stellvertretend über die drohenden Abschiebungen in den Irak berichtete. Seit 2003 wurde 18.000 IrakerInnen das Asyl widerrufen, da der frühere Asylgrund Saddam Hussein nicht mehr da ist. Da auch „keine allgemeine Gefahrenlage" im Irak bestehe, erhielten sie auch keinen Status als Bürgerkriegsflüchtlinge und sind seither nur geduldet, bis Abschiebungen starten können. Bayern und Niedersachsen bereiten nun als erste Bundesländer Abschiebungen in den Nordirak vor. Dort sei es angeblich sicher, doch nicht einmal zwei Wochen ist es her, dass bei einem Anschlag im Nordirak 20 Menschen ums Leben kamen. Zunächst sollen Menschen abgeschoben werden, die zu mindestens 50 Tagessätzen verurteilt wurden, zwei Verstöße gegen die Residenzpflicht reichen dazu aus.

Gemeinsam rufen die Flüchtlingsaktivisten dazu auf, sich an der Karawane-Tour zu beteiligen. „Wir fordern alle Flüchtlinge auf, an der Karawane-Tour teilzunehmen und sich für ihre Rechte einzusetzen, selbst wenn sie dabei gegen die Residenzpflicht verstoßen müssen." Einen besonderen Appell richten sie an die deutsche Bevölkerung: „Die PolitikerInnen Ihres Landes sind mit daran beteiligt, dass weltweit die Lebensgrundlage von Millionen Menschen zerstört wird, durch Kriege, durch Handelsabkommen und Agrarsubventionen, durch Unterstützung korrupter Regime und durch das Ignorieren menschenrechtswidriger Praktiken, um die guten Beziehungen zu Handelspartnern nicht zu gefährden. Sehen Sie nicht weg, sondern unterstützen Sie uns! Denn so lange sich die Politik der G8-Staaten nicht ändert, werden Menschen in die Flucht getrieben!"
 
Alle Informationen zur Karawane-Tour finden Sie im Internet unter:
www.thecaravan.org

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