12.12.2014

Für Flüchtlinge da!

Der Bayerische Flüchtlingsrat unterstützt Flüchtlinge. Auch wenn sie protestieren.


Im Zusammenhang mit dem Hungerstreik von Flüchtlingen auf dem Sendlinger Tor Platz sind von verschiedener Seite die Beziehungen zwischen protestierenden Flüchtlingen und dem Bayerischen Flüchtlingsrat hinterfragt worden. Da häufiger Vorwürfe erhoben werden, der Bayerische Flüchtlingsrat „instrumentalisiere“ die Protestierenden für seine Zwecke, haben sich die MitarbeiterInnen des Flüchtlingsrats auch bei den jüngsten Protesten am Sendlinger Tor Platz bewusst mit einer Kommentierung und Bewertung zurückgehalten.

Aber natürlich ist der Bayerische Flüchtlingsrat für Flüchtlinge da! Wir sind, ebenso wie viele Ehrenamtliche, die sich mit teils enormem Aufwand für Flüchtlinge einsetzen, engagiert für Flüchtlinge. Und da wir, anders als die ebenfalls mit großem Einsatz arbeitenden Wohlfahrtsverbände, nicht vom Geld des Freistaats abhängig sind, sondern uns über Mitglieder und Spenden finanzieren, können und müssen wir unsere Kritik an der bayerischen, deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik auch deutlich äußern.

Und wir lassen Flüchtlinge auch dann nicht allein, wenn sie beschließen, ihrerseits gegen die ihnen aufgezwungene Situation zu protestieren. Der Vorwurf, wir würden Flüchtlinge instrumentalisieren oder aufhetzen, geht ins Leere und verkennt die Verhältnisse. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat kein Interesse, Flüchtlinge aufzuwiegeln, und Hungerstreiks gehören nicht zum Repertoire der Protestformen einer Flüchtlingsorganisation. Aber wir werten sie als Zeichen einer großen Verzweiflung der Betroffenen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat versteht sich als Anlaufstelle für geflüchtete Menschen. Wir bieten Beratung und Möglichkeiten der Vernetzung und des Austausches. Dass unsere Arbeit geschätzt wird zeigt sich auch darin, dass städtische  Stellen und BeraterInnen der Wohlfahrtsverbände regelmäßig Flüchtlinge an uns verweisen.

Wir wissen um die guten Gründe von Flüchtlingen, gegen die Umstände ihrer Behandlung in Bayern zu protestieren. Wer hier neu ankommt, will wirklich ein Dach über dem Kopf, Ruhe, und etwas zu essen. Wer nach vier oder mehr Jahren noch immer in einem Lager leben muss, unter oft skandalösen Bedingungen, ausgegrenzt vom Leben dieser Gesellschaft und ohne Perspektive, wird oft depressiv, krank, apathisch. Für uns ist es deshalb nicht verwunderlich, wenn Flüchtlinge protestieren, statt sich klaglos in ihr Schicksal zu ergeben. Flüchtlinge, die ihre Situation ändern wollen, sind nicht undankbar, oder wollen die Regierung erpressen, sondern sie nehmen die Rechte in Anspruch, die der Rechtsstaat in Deutschland auch ihnen zugesteht.

Wer das Recht von Flüchtlingen in Frage stellt, selbst politische Forderungen aufzustellen und sich politisch zu engagieren, sollte sich fragen lassen, an welchem Bild der deutschen Gesellschaft und an welchem Bild über Flüchtlinge sich eine solche Haltung orientiert.

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