15.01.2018

Flüchtlingsrechte, geopfert auf dem GroKo-Altar

Mit den Plänen zu Lagern für Flüchtlinge geben die GroKo-Sondierenden der CSU einen Freifahrtschein zum Ausbau inhumaner Flüchtlingspolitik

 

„Wir bekennen uns strikt zum Recht auf Asyl und zum Grundwertekatalog im Grundgesetz, zur Genfer Flüchtlingskonvention, zu den aus dem Recht der EU resultierenden Verpflichtungen zur Bearbeitung jedes Asylantrags sowie zur UN-Kinderrechtskonvention.“

 

So beginnt im Ergebnispapier der Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD der Abschnitt zur Flüchtlingspolitik.

Im Anschluss folgt dann eine Einschränkung des Flüchtlingsrechts nach der anderen: damit gleicht das Ergebnis etwas, das wir ähnlich schon mal 1993 erlebt haben: Wir schützen das Recht auf Asyl, aber wir hängen es so hoch, dass möglichst viele Flüchtlinge nicht mehr heranreichen können. Perfide: zum Schutz des Kindeswohls wird man wohl den Nachzug von Eltern zu ihren Kindern ausschließen. Soll halt die Familie dort zusammenbleiben, wo sie gemeinsam untergehen kann.


Aus der Sicht des Bayerischen Flüchtlingsrats ist besonders der Beschluss katastrophal, alle Flüchtlinge, vor allem diejenigen ohne „gute Bleibeperspektive“, bis zum Abschluss des Verfahrens, bzw. bis zur durchgesetzten Ausreise oder Abschiebung, in großen Lagern festzuhalten. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat in den vergangenen zwei Jahren in Bayern die Erfahrung gemacht, dass diese Lager Zentren der Ausgrenzung sind, Konflikte schüren, aber auch Flüchtlinge effektiv von Beratung, Unterstützung oder anwaltlicher Vertretung abschneiden. Ergebnis sind schlechte Asylentscheidungen, Zunahme psychischer Krankheiten, Untertauchen und Weiterflucht in andere EU-Staaten.


„Diese Lager sind eine fundamentale Absage an die Integration von Flüchtlingen. Wer erst zwei Jahre oder mehr unter den Bedingungen der Ausgrenzung und Abschreckung gelebt hat, der wird, auch wenn er irgendwann bleiben darf, einen Integrationskurs als Hohn empfinden. Diese Lager sind ein handfestes Signal an Flüchtlinge, dass man sie nicht haben will – und zwar noch bevor über den individuellen Asylantrag entschieden wurde,“ kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.

 

„Im Sondierungspapier ist viel von Gerechtigkeit, Rechtsstaat, Solidarität oder Verantwortung die Rede. Die Lager sind Orte der Kriminalisierung und Illegalisierung von Flüchtlingen, denn wer kann, der wird weiterflüchten. Ein Papier, das so große Worte findet und so kleinliche und schäbige Praktiken festschreibt, trägt dazu bei, dass die Glaubwürdigkeit der politischen Entscheidungsträger weiter sinkt. Seit dem Asylkompromiss von 1993 ist das deutsche Grundrecht auf Asyl völlig irrelevant. Seit damals schützen Regelungen der Europäischen Union den Flüchtlingsschutz in Deutschland. Doch beim derzeitigen Zustand der Europäischen Union, wer wird für den Flüchtlingsschutz eintreten, wenn auch Deutschland Flüchtlinge vor allem abschrecken will?“



 

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