03.07.2018

Flüchtlingsrat: „Unionskompromiss ist einfach nur erbärmlich“

Seehofer, Söder und Dobrindt haben maximales Chaos angerichtet / Transitzentren sollen den Krach in der Union befrieden / SPD darf geschlossenen Großlagern für Flüchtlinge auf keinen Fall zustimmen!


Wochenlang tobt der erbitterte Streit zwischen CSU und CDU um die Schließung der bayerischen Außengrenze für Flüchtlinge. Bundesinnenminister Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt geben die Hardliner für Unrecht und Unordnung und lassen den Konflikt mit Rücktrittsdrohungen und Beschimpfungen maximal eskalieren, sogar der Bruch der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU droht.

Nun wurde gestern Abend ein „Kompromiss“ gefunden, der den Krach zwischen CDU und CSU befrieden soll. Und siehe da: Erneut werden, wie bereits 2015, Transitzentren aus dem Hut gezaubert. Die fixe Idee der CSU ist es, die Regelungen des Flughafenasylverfahrens auf den Landweg zu übertragen. Flüchtlinge sollen fiktiv an der Einreise gehindert und für die Dauer des Asylverfahrens in geschlossenen Lagern untergebracht werden. Wer anerkannt wird, darf einreisen, wer eine Ablehnung erhält, wird an der Außengrenze zurückgewiesen.

Geschlossene Großlager mit Stacheldraht, Wachturm und Polizeibewachung waren schon vor drei Jahren politisch nicht durchsetzbar. So wurden Transitzentren in abgespeckter Form als offene Großlager unter dem Namen „Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen“ in Manching und Bamberg eingerichtet. Sie wurden in der Folge in Transitzentren umbenannt und auf Regensburg und Deggendorf ausgeweitet. Zum 01.08.2018 werden alle Transitzentren in AnKER-Zentren umbenannt, von denen es in Bayern dann insgesamt sieben geben wird. Jetzt also wieder zurück zu den Transitzentren.

Große Lager führen zu maximalen Konflikten im Inneren und zu minimaler Akzeptanz bei den Nachbarn. Zudem zeigen die Erfahrungen mit den bestehenden Transitzentren, dass die Anerkennungsquoten dort ins Bodenlose sinken und Flüchtlinge ohne Rechtsberatung und anwaltliche Hilfe abgefertigt werden. Unterstützung durch haupt- und ehrenamtliche Helfer*innen ist kaum noch möglich, öffentliche Kontrolle wird unterbunden, eigene Integrationsleistungen unmöglich gemacht. Die Unterbringungsdauer beträgt nicht nur wenige Wochen, sondern viele Monate und Jahre. In Manching sind bereits 10 % der Bewohner*innen länger als 18 Monate untergebracht.

Die Fiktion der Nichteinreise hat keine rechtliche Grundlage, die Verweigerung der Einreise und das Festhalten in solchen Sonderlagern an der Grenze verstößt gegen Bundes- und Europarecht und gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Wenn ein Flüchtling nach Bayern einreist und z.B. in München, Garmisch, Passau oder Rosenheim aufgegriffen wird, kann er nicht mehr fiktiv „ausgereist“ und in das Transitzentrum gebracht werden. Die Fiktion der Nichteinreise ist deshalb ein hohles Rechtskonstrukt, das nicht umsetzbar ist.

Die Flüchtlingszahlen sind massiv zurückgegangen, es gibt aktuell keinerlei Handlungsbedarf. Dass der Union dennoch nur Großlager für Flüchtlinge zur Lösung ihres hausinternen Krachs einfallen, ist einfach nur erbärmlich“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Es ist jetzt Zeit für die SPD, Rückgrat zu beweisen: Wer Menschenwürde, Menschenrechte und internationale Solidarität ernst nimmt, darf geschlossene Großlager für Flüchtlinge niemals zulassen. Sollte die große Koalition darüber platzen, haben das die Hardliner für Unrecht und Unordnung zu verantworten!

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