26.10.2018

Flüchtlingsrat erhebt Zweifel an der Darstellung der Polizei zu den Vorfällen in Stephansposching und fordert Aufklärung

Unangemessene Maßnahme zur Machtdemonstration

 

Bereits am Dienstag, den 23.10.2018 sollte ein Geflüchteter nach Italien abgeschoben werden. Weil er nicht gefunden werden konnte, kam die Polizei am frühen Mittwochmorgen, den 24.10.2018 wieder. Der Gesuchte konnte für die geplante Abschiebung wieder nicht gefasst werden. Einer der Bewohner*innen der Industriehalle in Stephansposching protestierte gegen den Polizeieinsatz, daraufhin kam es zu einem razzia-ähnlichen Großeinsatz der Polizei, bei dem das genaue Ziel unklar bleibt. So die Schilderungen von Bewohner*innen, die dabei waren.

Eine Person habe vehement protestiert, dabei Aggression vor allem verbal geäußert und an Gegenständen ausgelassen. Es sei zu „massiven Störungen“ durch einen Bewohner gekommen. Der Protestierende wollte sich einer Festnahme durch Flucht entziehen. So steht es in der Pressemeldung der Polizei vom 24.10.2018.

Wir vermuten, dass der Großeinsatz der Polizei am Nachmittag zur Machtdemonstration geplant war. Dafür spricht, dass es  weder morgens noch am Mittag Essen gegeben habe, was darauf schließen lässt, dass das Catering abbestellt wurde. In der Unterkunft kann nicht gekocht werden. Das heißt, dass aufgrund eines Abschiebetermins und dem damit zusammenhängenden Polizeieinsatz bis zum Abend niemand mit Essen versorgt werden konnte. In der Unterkunft werden zeitweise auch Familien mit Kindern untergebracht. Die Security und die Mitarbeiter der Hausverwaltung erhielten zudem frühzeitig strikte Anweisungen, das Gebäude und Gelände zu verlassen. Die angrenzende Autobahn wurde gegen Mittag komplett gesperrt. Das spricht nicht dafür, dass der Einsatz am Nachmittag unmittelbar dazu diente, die Situation am Morgen unter Kontrolle zu bekommen.

Abwesende Bewohner*innen fanden ihre Zimmer am Abend völlig verwüstet vor, alles sei durchsucht worden, jede Tasche, die Spinde aufgebrochen, die Betten zerwühlt. Türen seien aufgetreten worden. In der Industriehalle sind auch Familien mit Kindern untergebracht. Der Flüchtlingsrat hat sich Bilder zeigen lassen.

 „Wir kritisieren die Machtdemonstrationen der Polizei vom Mittwoch sowie das immer brutalere und überzogene Vorgehen der Polizei in Flüchtlingslagern. Gewaltbereitschaft ist nicht zu tolerieren. Doch wenn ein Bewohner aggressiv wird, braucht es keine Hundertschaft der Polizei. Die Polizei sollte angemessen und deeskalierend bei Einsätzen agieren. Es handelt sich hier nicht um Schwerkriminelle, sondern um Menschen, die Angst vor einer Abschiebung haben und sich auch aufgrund dessen in einer schwierigen und stressigen Lebenssituation befinden. Wir fordern von der Polizei Aufklärung für den unverhältnismäßigen Einsatz“, sagt Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Statt mit brutalen Polizeieinsätzen gegen Geflüchtete vorzugehen, fordert der Flüchtlingsrat eine dezentrale Unterbringung in Kommunen und Landkreisen, ein Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft, Zugang der Zivilgesellschaft zu jeder Art von Flüchtlingslager und eine unabhängige Rechts- und Sozialberatung.

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