22.07.2005

Flüchtlingsprotest in Angst erstickt

Karawane München, Bayerischer Flüchtlingsrat: Eine Woche lang boykottierten Flüchtlinge in Landsberg im Rahmen der Kampagne gegen Essenspakete die Paketversorgung. Die Repression folgt auf dem Fuße: AktivistInnen des Boykotts wurden vom Lagerleiter ausgehorcht und unter Druck gesetzt, teilweise wurde mit Verlegung in andere Lager gedroht. Alle Menschen, die die Pakete diese Woche wieder annehmen wollten, be-kamen die alten Pakete der letzten Woche ausgeliefert.

„Es soll verhindert werden, dass wir uns organisieren und wehren können.“ steht für den Boykottinitiator Peter John fest, der seinen richtigen Namen aus Angst vor Repression nicht nennen möchte. Denn die Lagerleitung der Asylunterkunft in Landsberg reagierte mit Einschüchterung gegenüber BewohnerInnen, die gegen Essenspakete protestiert hatten.

Am 14. Juli hatten ca.100 Flüchtlinge aus dem Lager gegen ihre unmenschliche Unterbringung und Versorgung demonstriert. Der Tag war gleichzeitig der Auftakt eines Boykotts von Essenspaketen, womit sie sich einem Lager in München anschlossen, das zuvor zwei Monate lang die Pake-te boykottiert hatte.

Während die Regierung von Oberbayern in München gleich mit einer Polizeirazzia (angeblich gegen Fremdschläfer) und der Umverlegung eines Aktivisten, der sich vor allem in Presseinterviews hervorgetan hatte, reagierte, nahm die Lagerverwaltung in Landsberg die Repression selber in die Hand. Der Lagerleiter nahm sich einen Aktivisten der Flüchtlingsinitative "democratic harmony" vor, da diese zu den Protesten auf einem Flugblatt mitaufgerufen hatte. Er fragte ihn aus, wer alles an der Protest-Organisation beteiligt sei und versuchte aus ihm herauszubringen, wer sie unterstützt hätte. Anderen wurde nach Angaben der BewohnerInnen unverhohlen mit Umverlegung in andere Lager gedroht. Weitere AktivistInnen seien ausgehorcht worden.

Die Selbstorganisation der Flüchtlinge wurde in Angst erstickt: Der Boykott wurde schon nach einer Woche beendet, die „Versammlung der Flüchtlinge aus Landsberg“ trat bisher nicht wieder zusammen. Als die BewoherInnen die Pakete wieder annehmen wollten, erhielten sie die alten Pakete von letzter Woche. Das Brot und andere Lebensmittel waren mittlerweile abgelaufen und ungenießbar.

Möglich sind diese Repressalien, weil das Privatleben von Flüchtlingen in staatlichen Unterkünften weitgehend ungeschützt ist. Die Lagerverwaltung hat uneingeschränktes Hausrecht und kann mangels Kontrolle beliebig schalten und walten, sie kann Umverteilungen einleiten, und zu jeder Tages- und Nachtzeit unangekündigt die Zimmer kontrollieren. Ein Durchsuchungsbefehl wird dafür nicht benötigt. Für Miriam Leitner von der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen steht fest:„Das Lagersystem beinhaltet Kontrolle und Repression. Damit werden Flüchtlinge massiv daran gehindert, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrzunehmen.“

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