08.05.2018
„Flüchtlingshelfer*innen und stolz darauf!“
Zum Schmarrn der CSU mit der Anti-Abschiebe-Industrie
Am Wochenende schwadronierte der CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrint, über die Anti-Abschiebe-Industrie, die es darauf abgesehen habe, kriminelle Ausländer vor der Abschiebung zu bewahren, und Kasse damit zu machen. Und wer noch nicht verstanden hatte, dass damit u.a. der Bayerische Flüchtlingsrat gemeint ist, dem half heute Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann im Deutschlandfunk auf die Sprünge.
Wir gestehen ein: wir verhindern Abschiebungen. Wann und wo es uns möglich ist. Unverbesserlich. Aber das aus guten Gründen:
Beispiel Qualität der Asylverfahren
Jahrelang haben Mitarbeiter*innen des BAMF, die in aller Eile eingestellt wurden, um die gestiegene Zahl der Asylanträge abzuarbeiten, Asylentscheidungen getroffen, ohne auch nur eine Minute für ihre komplexe Tätigkeit geschult oder richtig eingearbeitet zu werden. Es gibt Probleme mit den Dolmetscher*innen, oder die Asylentscheidungen werden gleich an Entscheidungszentren abgegeben, die nach Aktenlage entscheiden. Alle Geflüchteten haben in einem Rechtsstaat das Recht, gegen ihre Asylablehnungen zu klagen. Fast die Hälfte der Ablehnungsbescheide des BAMF wird von den Gerichten kassiert, bei Syrer*innen und Afghan*innen sind es rund 60 Prozent. All diese Menschen haben Unterstützung im Kampf mit dem Rechtsstaat verdient, eine Kernaufgabe des Bayerischen Flüchtlingsrats!
Beispiel Afghanistan
Obwohl es kein Botschaftspersonal mehr in Afghanistan gibt; obwohl der deutsche Botschafter mit seinem engsten Referentenstab selbst Asyl in der US-Botschaft gefunden hat; obwohl alle (UN-)Organisationen, die noch in Afghanistan tätig sind, sich mit allen anderen Expert*innen einig sind, dass es in Afghanistan keine sicheren Landesteile mehr gibt; obwohl es täglich zu Anschlägen der Taliban und des IS kommt, halten Herrmann und der CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer an der Mär von den sicheren Gebieten in Afghanistan fest. Die Geflüchteten, die aufgrund dieser Lüge abgeschoben werden sollen, zu unterstützen und vor der Abschiebung zu bewahren, ist eines unserer dringlichsten Anliegen und eine Kernaufgabe des bayerischen Flüchtlingsrats!
Beispiel AnKER-Einrichtungen
In Bayern gibt es Transitzentren in Bamberg, Manching, Deggendorf und Regensburg. Diese sollen, so die Staatsregierung, dem Flughafenverfahren möglichst ähnlich sein, deshalb werden Geflüchtete monate- und jahrelang in diesen Abschiebelagern isoliert, damit sie sich nicht integrieren können. Denn „das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst Du nie wieder abschieben“, so der ehemalige CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Diesen Geflüchteten Unterstützung zu bieten und einen Zugang zu anwaltlicher Beratung zu verschaffen, dafür zu sorgen, dass die Grundrechte dieser Menschen geachtet und nicht mit Füßen getreten werden, gehört ebenfalls zu den Kernaufgaben des Bayerischen Flüchtlingsrats!
„Dass die Inanspruchnahme von Rechten zur illegalen Handlung umgedeutet wird, ist schon eine Frechheit. Der Rechtsstaat gilt nicht nur für Dobrindt, Herrmann, Seehofer, Scheuer, sondern auch für Geflüchtete. Wer ihnen das Recht auf Klage nehmen will, greift den Rechtsstaat in seinem Kernbestand an. Dass Alexander Dobrindt mit seiner Anti-Abschiebungs-Industrie jedoch ungeniert Anleihen bei den Begrifflichkeiten der extremen Rechten nimmt, ist jedoch besonders dreist“, kritisiert Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Wir wissen, dass die CSU bei ihren dummen und menschenfeindlichen Provokationen unseren Protest bereits mit einkalkuliert. Erst der sorgt für die richtige Aufmerksamkeit bei den extremen Rechten, denn dort will die CSU potentielle Wähler*innen abholen und in die CSU reintegrieren. Das ändert jedoch nichts an unserem Protest. Wir sind Flüchtlingshelfer*innen und stolz darauf! Die CSU sollte sich lieber an die ihr nahestehende Hanns-Seidel-Stiftung halten, die die CSU davor warnt, zu weit nach rechts zu rücken. Mit rechten Sprüchen hole man nicht die extrem Rechten zurück, sondern stärke sie nur. In der gesellschaftlichen Mitte habe man hingegen viel zu verlieren. Also nur weiter so, CSU!“