09.03.2010

Flüchtlinge in Passau und Regensburg boykottieren Essenspakete

Proteste gegen Essenspakete, Lagerzwang, Residenzpflicht und für eine Arbeitserlaubnis weiten sich aus / Boykott in Hauzenberg, Breitenberg und Bogen wird fortgesetzt

Bayerischer Flüchtlingsrat, Karawane München: Seit heutigem Dienstag, den 09.03.2010, beteiligen sich Flüchtlinge aus Regensburg und Passau an den Essenspaketeboykotts, die BewohnerInnen der Flüchtlingslager im Landkreis Passau begonnen haben. Damit boykottieren jetzt Flüchtlinge in Hauzenberg, Breitenberg, Bogen, Regensburg und Passau die Annahme der Essenspakete. Sie fordern gemeinsam „Bargeld statt Essenpakete, weg mit der Residenzpflicht, generelle Arbeitserlaubnis, Abschaffung der Lagerpflicht und Respekt von den Verantwortlichen in Ausländerbehörden, Landratsämtern und im Innenministerium“.

13 BewohnerInnen des Regensburger Flüchtlingslagers und 18 BewohnerInnen aus Passau/Rittsteig haben heute ihre Essenspakete nicht abgeholt. Die Regensburger Flüchtlinge erklären dazu: „Weil die Verantwortlichen die Stimmen der Flüchtlinge immer noch nicht hören wollen, haben wir uns entschlossen, die gelieferten Essenspakete ab 09. März 2010 zu boykottieren. Wir schließen uns dem Boykott unserer Kameraden aus den Flüchtlingslagern Hauzenberg, Breitenberg und Bogen an“.

Die Forderungen machen deutlich, dass bereits die Gestaltung des Alltags in den Flüchtlingslagern eine massive Belastung darstellt. Unterbringung in Mehrbettzimmern und zwangsweise Versorgung mit Sachleistungen mit einhergehenden Arbeitsverboten machen es den Flüchtlingen unmöglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Dem Boykott liegt zudem zu Grunde, dass die Versorgung mit Essenspaketen mehr als mangelhaft ist. Das zeigen auch die Kosten, die dem Freistaat Bayern dafür entstehen: Dr. Oliver Bloeck, als Referent im Sozialministerium für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zuständig, erklärte im Rahmen der ExpertInnenanhörung am 23.4.2009 im Bayerischen Landtag: „Die Verpflegung kostete [in 2008] pro Leistungsbezieher monatlich rund 100 Euro“. Dabei müssen die Essenspakete laut § 23 der bayerischen Asyldurchführungsverordnung für alleinstehende Flüchtlinge oder Haushaltsvorstände einen Wert von 132,94 Euro haben, für Kinder unter 8 Jahre 89,48 Euro, sowie 125,78 Euro für Kinder ab 8 Jahren, Jugendliche und alle anderen erwachsenen Haushaltsangehörigen. „Es ist kein Wunder, dass Flüchtlinge in allen bayerischen Flüchtlingslagern berichten, dass die Lebensmittel nicht ausreichen und von schlechter Qualität sind, wenn der Freistaat Bayern auf Kosten der Flüchtlinge spart“, kommentiert Thomas Ott von der Karawane München.

„Bis Ende März wollen CSU und FDP im Bayerischen Landtag eine Entscheidung über die Zukunft der Lagerunterbringung und der Versorgung mit Sachleistungen treffen. Wir fordern die Verhandlungsdelegationen dringend auf, die Forderungen der Flüchtlinge ernst zu nehmen. Lagerzwang und Essenspakete müssen umgehend abgeschafft werden“, fordert Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

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