10.10.2011
Familientrennung durch Abschiebung aus Günzburg
Ausländeramt Günzburg schob aserbaidschanische Mutter direkt aus dem Krankenhaus ab und trennte sie von ihren drei Kindern / Flüchtlingsrat stellt Dienstaufsichtsbeschwerde
Am 19. Mai 2011 wurde Frau
Mehbuba Musayeva (31) von Frankfurt nach Baku in Aserbaidschan
abgeschoben. Eine Skandalabschiebung: Die Mutter wurde hierdurch nicht
nur von ihren drei Kindern getrennt, Frau Musayeva wurde zudem ohne
Vorankündigung direkt aus dem Krankenhaus in Günzburg abgeholt und in
Handschellen abgeführt. Zuvor hatte sie bereits zwei Selbstmordversuche
hinter sich, ein weiterer folgte direkt am Flughafen. Der Bayerische
Flüchtlingsrat kritisiert das Vorgehen der Behörden scharf: „Der Fall
ist ein doppelter Skandal: Eine Mutter von ihren Kindern zu trennen und sie dazu noch direkt aus der psychatrischen Klinik abzuführen und in Handschellen an den Flughafen zu fahren ist
inakzeptabel. Spätestens als klar war, dass die Kinder nicht mitfliegen,
hätte die Abschiebung abgebrochen werden müssen“, erklärt Anna-Katinka
Neetzke vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Der Vater und die Kinder waren
am Tag der Abschiebung nicht zu Hause anzutreffen.
Seit März 2005
lebte Mehbuba Musayeva in Deutschland, sie kam damals mit ihren zwei
Söhnen (heute 7 und 8 Jahre), ihr Mann kam ein paar Monate später nach
und ihre Tochter (3 Jahre) wurde hier in Deutschland geboren. Gemeinsam
waren sie in der Gemeinschaftsunterkunft in Leipheim untergebracht.
Genau wie ihr Vater litt Frau Musayeva an einer psychischen Krankheit.
Ihr Vater hatte damals aufgrund seines Gesundheitszustandes subsidiären
Schutz erhalten. Da Mehbuba Musayeva zu diesem Zeitpunkt aber schon
volljährig war, galt der Aufenthaltsstatus nicht für sie. Ihr
gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich immer weiter, so dass sie
seit Februar 2011 in medizinischer Behandlung in der Klinik für
Psychiatrie in Günzburg war.
Frau Musayeva ist in einem sehr
schlechten gesundheitlichen Zustand, da die medizinische Versorgung an
ihrem momentanen Aufenthaltsort nicht gewährleistet ist. Wegen ihres
gesundheitlichen Zustands ist sie nicht in der Lage zu arbeiten und kann
sich daher nicht die Medikamente kaufen, die sie dringend braucht. Die
Kinder werden derzeit von ihrem Vater sowie der Familie von Frau
Musayeva versorgt und sind seit der Abschiebung ihrer Mutter schwer
verstört. Der älteste Sohn geht seit dem letzten Jahr in die Schule.
Anfangs war er ein sehr guter und fleißiger Schüler. Nach dem
plötzlichen Verschwinden seiner Mutter haben sich seine Leistungen aber
massiv verschlechtert, so dass er die 1. Klasse wiederholen muss, wo er
nun gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder lernt. Der jüngere Bruder war
in seinem letzten Kindergartenjahr regelmäßig im Deutschkurs und wurde
so auf die Schule vorbereitet. Beide Buben waren bis Februar 2011 im
Fußballverein in Leipheim aktiv, dort waren sie gut eingebunden, hatten
viele Freunde und der Mannschaftssport hat ihnen große Freude bereitet.
Vor allem der Jüngste wurde von seinem Trainer für seine besondere
Begabung gelobt. Seit der Abschiebung und der unsicheren Zukunft der
restlichen Familie gehen sie nicht mehr zum Fußballtraining. Auch die
jüngste Tochter sollte seit diesem Jahr eigentlich den Kindergarten
besuchen. Die Mutter verfügt über gute Deutschkenntnisse, sie hatte
regelmäßig an den Deutschkursen, die von der Diakonie in der GU Leipheim
stattfanden, teilgenommen. Der Vater hatte bereits mehrfach einen
Arbeitsplatz gefunden, die Arbeitsaufnahme wurde ihm jedoch jedes Mal
von der Ausländerbehörde verweigert.
Mehluga Musayeva, die
jüngere Schwester von Mehbuba, setzt sich dafür ein, dass die Kinder in
Deutschland bleiben dürfen und auch die Mutter das Recht erhält,
gemeinsam mit ihrer Familie an einem Ort zu leben, wo ihre
gesundheitliche Behandlung gewährleistet ist. Der Flüchtlingsrat fordert
ein Rückkehrrecht und hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die
beteiligten Polizeibeamten und das Ausländeramt eingereicht.