29.06.2005

Familiendrama in Zirndorf vor dem Ende

Ein schlimmes Verfahren findet den Segen des Landtags

Der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags hat heute Vormittag mit den Stimmen von CSU und SPD die Eilpetition zum Fall der Familie Avdija abgelehnt. Während Frau Avdija wegen akuter Suizidgefahr und massiven Erregungszuständen im Bezirkskrankenhaus Erlangen stationär behandelt wurde und die vier Kinder zur Betreuung in einer Jugendeinrichtung untergebracht waren, sollte der Ehemann und Vater in einer Blitzaktion der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern nach Slowenien abgeschoben werden.

Wegen der Petition wurde die Abschiebung in letzter Minute gestoppt. Nun wird voraussichtlich die gesamte Familie am kommenden Freitag abgeschoben, der Flug war schon vor der heutigen Sitzung des Petitionsausschusses gebucht worden. Nachdem Frau Avdija am Montag dieser Woche, dem 27.06., aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen worden ist, sah auch der Petitionsausschuss offenbar keinen Grund mehr, die Abschiebung auszusetzen.

Der Bayerische Flüchtlingrat kritisiert aufs Schärfste die Haltung der Behörden und der CSU und SPD Abgeordneten im Petitionsausschuss. Mit der Abschiebung wird unter eine ohnehin unbeschreibliche behördliche Rigorosität ein Schlusspunkt gesetzt, der an Brutalität kaum zu überbieten ist. Deutlich wird dies an der fachärztlichen Stellungnahme der behandelnden Ärztin des BKH Erlangen:

"Mit großer Wahrscheinlichkeit leidet die Patientin durch die von ihr erlebten Bedrohungen und Verunsicherungen an einer posttraumatischen Belastungsstörung. In diesem Rahmen zeigt sie dissoziative Symptome mit stuporösem Verhalten. Aber auch massivste Erregungszustände. Im Falle einer Abschiebung ist damit zu rechnen, dass die Patientin wieder in der oben beschriebenen Weise reagiert. Eine ärztliche Begleitung während des Transport ist unabdingbar. Bei Auftreten eines Erregungszustands ist das Eingreifen von mehreren Hilfspersonen zum Festhalten notwendig, sowie eine ärztliche Intervention (Gabe einer massiv sedierenden Medikation). Es ist auch dringend dafür Sorge zu tragen, dass die Patientin in Slowenien in eine ärztliche Weiterbehandlung übergeben wird."

Statt der Frau eine dringend benötigte Behandlung zu ermöglichen, billigt der Petitionsausschuss lieber die Abschiebung der Familie mit allen sozialen Konsequenzen. Zur empfohlenen Weiterbehandlung in Slowenien machten aus gutem Grund weder Petitionsausschuss noch Zentrale Rückführungsstelle Angaben. In den Augen des Bayerischen Flüchtlingsrats hat sich der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags als Korrektiv behördlicher Überreaktionen disqualifiziert. Eine Abwägung des Falls im Lichte der Verhältnismäßigkeit hätte dazu führen müssen, dass der Familie ein zumindest befristeter Aufenthalt gewährt wird und eine dringend notwendige psychotherapeutische Behandlung für Frau Avdija gewährt wird.

"Ganz offenkundig hat die Mehrheit der Mitglieder des Petitionsausschusses ihr Quantum sozialer Verantwortung an der Türe abgegeben oder sich gar nicht erst die Mühe gemacht, die Petition zu lesen", urteilt Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. "Es ist bekannt, dass die Zentrale Rückführungsstelle Abschiebungen um buchstäblich jeden Preis durchzusetzen versucht. Dass der Landtag dazu sein Plazet gibt, wirft ein schlechtes Licht auf die Haltung gegenüber Migranten im Freistaat Bayern."

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