13.10.2004

Es wird (nicht immer) gegessen, was vom Amt kommt

Verwaltungsgericht verurteilt Schikane von Flüchtlingen durch das bayerische Sozialministerium

Essenspakete, Hygienepakete, Pakete bestimmen den Alltag der Flüchtlinge in Bayerns Unterkünften. Meist zwei mal wöchentlich bekommen Flüchtlinge in Bayern Essenspakete geliefert, von deren Inhalt sie sich drei bzw. vier Tage lang ernähren müssen. Nicht nur die für Flüchtlinge allzu oft ungenießbare Zusammenstellung der Essenspakete, sondern auch die mit den Paketen einhergehende Entmündigung gibt immer wieder Anlass zu Protesten. Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert seit langem die Abschaffung des Sachleistungsprinzips.

In Bayern wird dieses Sachleistungsprinzip, das im Asylbewerberleistungsgesetz festgeschrieben ist, unerbittlich durchgeführt. Das zuständige Sozialministerium geht dabei sogar so weit, auch denjenigen, die eigentlich Anspruch auf Barleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz hätten, die Essenspakete aufzuzwingen. Die Behörde beruft sich dabei auf § 2 Abs. 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), wonach die Form der Leistung nach den örtlichen Umständen zu regeln sei. Dies wird so ausgelegt, dass die örtlichen Umstände (Bayern) eine generelle Gewährung von Sozialleistungen in Paketform bedingen.

Diese Praxis hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts München für rechtswidrig erklärt. Im Urteil vom 26. Mai 2004 (AZ M 18 K 03.5479) bestimmen die Richter sinngemäß, dass "örtlich" auch örtlich heiße.
"Mit dem Abstellen in § 2 Abs. 2 AsylbLG auf die "örtlichen" Umstände, kann nur die konkrete Gemeinschaftsunterkunft, in der der Leistungsberechtigte untergebracht ist, in den Blick genommen werden und nicht der gesamte Einzugsbereich der jeweils zuständigen Behörde. Dies schließt aus, dass die Aufsichtsbehörde per Erlass einen landesweiten Vorrang des Sachleistungsprinzips festlegt und damit einen überörtlichen Vollzug des § 2 Abs. 2 AsylbLG generell festschreibt. ... Die Hinweise führen zwar eventuelle Kriterien für die einzelne Unterkunft an, im konkreten Fall fehlt jedoch eine Auseinandersetzung mit den Verhältnissen einer konkreten Unterkunft bzw. der Prüfung, inwieweit über andere Maßnahmen Hindernisse für die Ausbezahlung von Barleistungen beseitigt werden können. Die Gewährung von Sachleistungen aufgrund der bisher getroffenen Entscheidungen ist damit rechtswidrig."

Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt dieses Urteil, das seit gestern rechtskräftig ist. Der mutwilligen Schikane von Flüchtlingen durch das Sozialministerium wird durch das Urteil ein Riegel vorgeschoben. Der Flüchtlingsrat fordert das Sozialministerium auf, seine Praxis der Sachleistungsvergabe unverzüglich zu beenden. Die kommunalen Sozialämter werden aufgefordert, Anspruchsberechtigten den Barbetrag auszuzahlen.

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