24.02.2012
Erlangen: Unabhängige Überprüfung gefordert
Flüchtlingsorganisationen werten Gespräch mit der Stadt Erlangen als Versuch einer ersten Annäherung / Bisher angekündigte Schritte reichen aber nicht aus: Weitere Veränderungen sind nötig
Am 15.02.2012 fand das Treffen zwischen Flüchtlingsorganisationen, der Stadt Erlangen und VertreterInnen der Erlanger Stadtratsfraktionen zur Situation in der Ausländerbehörde statt. Die Flüchtlingsorganisationen begrüßen, dass auch Oberbürgermeister Siegfried Balleis teilnahm, hätten sich jedoch klare Beiträge zur inhaltlichen Auseinandersetzung gewünscht.
Im Rahmen des Treffens teilte die Rechtsreferentin der Stadt, Marlene Wüstner, mit, dass der kritisierte Beamte so schnell wie möglich nicht mehr in der Ausländerbehörde eingesetzt wird. Die Flüchtlingsorganisationen begrüßen diesen Schritt und werten ihn als Eingeständnis, dass es in der Vergangenheit zu höchst problematischen Entscheidungen in der Ausländerbehörde kam. Sie erwarten jedoch, dass es nicht nur bei dieser personellen Konsequenz bleibt. „Es müssen jetzt neue Rahmenbedingungen in Erlangen geschaffen werden, damit alle Mitarbeiter in der Ausländerbehörde auch tatsächlich im Sinne der neuen Willkommenskultur arbeiten können und wollen“, fordert Dr. Michael Schöttler von amnesty international.
Einen wichtigen Schritt hierzu sehen die Flüchtlingsorganisationen in der von der Stadt Erlangen zugesagten unabhängigen Überprüfung der von ihnen kritisierten, exemplarischen Einzelfälle. Der Ausländer- und Integrationsbeirat hat zum Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin Kontakt aufgenommen: Es ist bereit, diese Überprüfung zu übernehmen und neben der Untersuchung der Akten die betroffenen Flüchtlinge, ihre UnterstützerInnen sowie die Mitarbeiter der Ausländerbehörde zu befragen. „Wir fordern die Stadt Erlangen auf, einer Überprüfung durch das Deutsche Institut für Menschenrechte zuzustimmen und damit den Weg für eine wirklich unabhängige Untersuchung der Vorgänge freizumachen“, erklärt José Luis Ortega Lleras, Vorsitzender des Ausländer- und Integrationsbeirats der Stadt Erlangen.
Als nicht ausreichend erachten die Flüchtlingsorganisationen die bisher angekündigten Maßnahmen der Stadt Erlangen. Zwar soll eine 10-Stunden-Stelle beim Rechtsreferat angesiedelt und bei kritischen Entscheidungen der Ausländerbehörde hinzugezogen werden. Doch dass diese Stelle auch darauf hinwirkt, dass die Handlungs- und Ermessensspielräume der Ausländerbehörde zugunsten von Flüchtlingen genutzt werden, ist noch nicht klar. Dazu müssen entsprechende Vorgaben an die Ausländerbehörde erarbeitet werden. „Für diese Arbeit stehen wir mit unseren Erfahrungen und unserem Sachverstand gerne zur Verfügung und unterstützen die Stadt, wenn sie es damit ehrlich meint“, hält Rechtsanwalt Rainer Frisch im Namen der Flüchtlingsorganisationen fest.
„Das Treffen mit der Stadt Erlangen werten wir als eine erste Annäherung. Ob sie gelingt, hängt davon ab, ob wir bei der Stadt zukünftig ein Problembewusstsein feststellen können. Derzeit sieht es noch nicht danach aus. Ein erster Schritt dazu wäre, dass die Rückforderung der Abschiebekosten von Ali H. umgehend beendet wird“, fordert Natalie Walther von flunterl.
Gemeinsame Pressemitteilung von:
Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Erlangen | amnesty international, Ortsgruppe Erlangen | Bayerischer Flüchtlingsrat | Internationales Frauencafé Nürnberg | Flunterl – Flüchtlingsunterstützung Erlangen | EFIE e.V. – Ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung Erlangen