24.01.2012

Erlangen: Racheaktion an Flüchtling?

Ali H. berichtete öffentlich über sein Leid mit der Ausländerbehörde Erlangen – die fordert nun von ihm die Rückerstattung der Kosten seiner rechtswidrigen Abschiebung von 5.157,50 Euro


Am 29.11.2011 berichtete Ali H. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz des Ausländer- und Integrationsbeirats der Stadt Erlangen, des Bayerischen Flüchtlingsrats, von amnesty international Erlangen, dem Internationalen Frauencafé Nürnberg, der Flüchtlingsunterstützung Erlangen (flunterl) und der Ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung Erlangen (EFIE e.V.) öffentlich über sein Schicksal.

Ali H. stammt aus dem Iran. In Erlangen konvertierte er zum Christentum. Als 2007 zwei Christen im Iran hingerichtet wurden, wollte er einen Asylfolgeantrag stellen, weil er als Christ im Iran verfolgt würde. Er suchte deshalb an einem Freitag im August 2007 die Ausländerbehörde Erlangen auf und fragte nach einer Reiseerlaubnis nach Chemnitz, um dort beim für ihn zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge persönlich den Folgeantrag zu stellen. In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde er jedoch in Abschiebehaft genommen und schließlich in den Iran abgeschoben. Im Iran wurde Ali H. wie befürchtet am Flughafen inhaftiert und im Gefängnis gefoltert. Später gelang ihm die Flucht aus dem Gefängnis und er reiste erneut nach Deutschland ein. Vom Verwaltungsgericht Frankfurt wurde er Anfang 2008 als Asylberechtigter nach §16a Grundgesetz anerkannt.

Nach der Pressekonferenz am 29.11.2011 reagierte zunächst der zuständige Beamte auf die erhobenen Vorwürfe. Er zeigte alle beteiligten Organisationen der Pressekonferenz wegen Beleidigung an, das Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft umgehend eingestellt. Ein zusätzlich angestrengtes Unterlassungsverfahren wird am morgigen 25.01.2012 um 15 Uhr vor dem Landgericht München I, Prielmayerstr. 7, Sitzungssaal 219 verhandelt. Eine Reaktion der Stadt Erlangen folgt nun: Mit Schreiben vom 10.01.2012 forderte die Leiterin der Ausländerbehörde Ali H. auf, die Kosten seiner rechtswidrigen Abschiebung von 2007 in Höhe von 5157,50 Euro zu begleichen.

„Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Ausländerbehörde Erlangen aufgrund der öffentlichen Vorwürfe Ali H.s Ausländerakte Blatt für Blatt umgedreht hat, um etwas gegen ihn zu finden. Dabei ist sie auf die offenen Abschiebekosten gestoßen. Sie von Ali H. zurückzufordern ist jedoch rechtswidrig“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Selbst wenn man der Ausländerbehörde Erlangen zu ihren Gunsten unterstellt, dass sie zum damaligen Zeitpunkt subjektiv von der Rechtmäßigkeit der Abschiebung überzeugt war, war die Abschiebung aus heutiger Sicht rechtswidrig. Ali H. wurde als Asylberechtigter anerkannt mit genau den Verfolgungsgründen, die er 2007 vorbringen wollte. Es ist ein Skandal, nun einen Flüchtling in dieser Weise abzustrafen, der sich getraut hat, mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Das wirkt wie eine Racheaktion. Ali H. hat durch seinen Anwalt eine Aufhebung des Bescheides und die Niederschlagung der Forderung beantragt.“

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