28.10.2009

Endspurt in der Debatte um Flüchtlingslager

FDP setzt auf eine Neuregelung, die „einem weltoffenen und toleranten Bayern gut zu Gesicht steht“

Am gestrigen Dienstag, den 27.10.2009, debattierte das Plenum des Bayerischen Landtags über den Gesetzentwurf der SPD zur Abschaffung der Lagerpflicht für Flüchtlinge. Angelika Weikert betonte, der SPD-Antrag ziele darauf ab, einen Paradigmenwechsel in der bayerischen Asylsozialpolitik einzuleiten. Zukünftig sollen Flüchtlinge regelmäßig in Privatwohnungen untergebracht werden, statt wie bisher in Sammellagern. „Gemeinschaftsunterkünfte“ sollen nur noch vorgehalten werden für Flüchtlinge, die noch keine Wohnung gefunden haben. Dies sei die notwendige Rückbesinnung auf den Kerngedanken des Sozialstaats, der Not leidenden Menschen soziale Leistungen anbiete und nicht generell aufzwinge.

Renate Ackermann (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Hans Jürgen Fahn (Freie Wähler) begrüßten den Gesetzesentwurf der SPD. Da er sich mit ihren Gesetzentwürfen decke und in die richtige Richtung ziele, sei die Zustimmung der Grünen und der Freien Wähler sicher. Fahn forderte die FDP auf, zu ihrer Forderung bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene nach Abschaffung der Flüchtlingslager zu stehen, und die CSU zum Einlenken zu bewegen.

Bernhard Seidenath (CSU) kritisierte, dass der Gesetzentwurf der SPD teilweise gegen Bundesgesetze verstoße. Unerwähnt ließ er dabei, dass die Mehrheit der Bundesländer nicht mehr bereit ist, diese illegitimen bundesgesetzlichen Regelungen hinzunehmen, und deshalb diesen Verstoß ohne weitere Konsequenzen in Kauf nimmt. Seine These, die Unterbringung in Wohnungen führe zu Mehrkosten von 20 Millionen Euro pro Jahr, hielt er hingegen nicht mehr aufrecht – offenbar ist auch bei der CSU haushaltspolitische Vernunft eingekehrt. Seidenath kündigte an, dass die CSU ihre Vorschläge zur Neugestaltung der Unterbringung von Flüchtlingen in Kürze „dem hohen Hause vorlegen“ werde.

Brigitte Meyer (FDP) begrüßte den Gesetzentwurf der SPD und kritisierte, dass die CSU noch immer nicht zu einer koalitionsinternen Einigung bewegt werden konnte. Sie sieht jedoch gute Chancen auf eine schnelle Neuregelung, da Innenminister Joachim Herrmann am 21.10.09 mitteilte: „Es ist doch absurd, dass Millionen Menschen jährlich ihren Urlaub in Griechenland verbringen, Griechenland aber nicht für eine menschenwürdige Unterkunft von Asylbewerbern sorgen kann“. Vom Negativbeispiel lernend setzt sie deshalb auf ein Verhandlungsergebnis, „das einem weltoffenen und toleranten Bayern gut zu Gesicht steht“.

„Seit Monaten debattiert der Landtag des mit 12 Millionen EinwohnerInnen bevölkerungsreichen Bayerns über die Erlaubnis für 7.500 Menschen, in Wohnungen leben zu dürfen“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats, die gestrige Landtagsdebatte, die durch Sommerpause und Bundestagswahlen massiv verschleppt wurde. „Dabei wissen alle Abgeordneten des bayerischen Landtags, dass Flüchtlingslager krank machen und unverhältnismäßig teuer sind. Die bayerische Lagerpflicht für Flüchtlinge muss deshalb bis spätestens Ende des Jahres fallen. Denn die Menschen, die zum Leben in Flüchtlingslagern gezwungen sind, haben keine Sommerpause. Und schon gar keine Wahl.“

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