20.04.2007

Ein fatales Signal zur Unzeit!

Bayern startet Abschiebungen in den Nord-Irak

Als „fatales Signal zur Unzeit“ kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat e.V. die Ankündigung Bayerns, mit Abschiebungen in den Nord-Irak zu beginnen. Während UNHCR und die EU-Länder auf internationalen Konferenzen in Genf und Luxemburg um humanitäre Regelungen für die circa 4 Millionen Irak-Flüchtlinge ringen, destabilisiert der bayerische Innenminister Beckstein die Lage weiter.

In einem Schreiben vom 17.04.07 fordert das Bayerische Innenministerium die Ausländerbehörden auf, Listen über Rückkehrkandidaten aus dem Nord-Irak zu erstellen. Erfasst werden sollen alle Straftäter und „Gefährder“. Als Straftäter werden Personen definiert, die zu einer höheren Geldstrafe als 50 Tagessätzen verurteilt sind. Davon betroffen sind viele Iraker, die entgegen der Bestimmungen des Wirtschaftsembargos Geld an ihre Familien geschickt haben. Betroffen sind alle Personen, die in den autonomen Kurdengebieten und der Region Kirkuk, die von Bayern in Vorwegnahme der noch nicht getroffenen Regelung den Autonomiegebieten zugeschlagen wird, geboren sind. Auf die ethnische Zugehörigkeit oder sonstige Kriterien soll es nicht ankommen.

Demgegenüber hatte das Bundesinnenministerium gestern betont, eine Rückführung in die „Autonomieregion Kurdistan-Irak (Provinzen Suleymania, Erbil, Dohuk)“ finde nur statt, „wenn die betreffenden Personen aus dieser Region stammen und dort in familiäre oder andere soziale Strukturen zurückkehren, die eine Wiedereingliederung der Rückkehrer in den Arbeitsmarkt, den Wohnungsmarkt sowie andere grundlegende Versorgungsdienste gewährleisten und deren Schutz übernehmen können“. Hintergrund dieser sachgerechten Differenzierung ist die Einschätzung, dass für arabische Volkszugehörige im Nord-Irak, die nicht über eine familiäre Anbindung verfügen, eine menschenwürdige Existenz nicht gesichert ist und eine Rückführung dieses Personenkreises vorhandene Spannungen verschärfen würde.

Besonders angespannt ist die Lage in der Region Kirkuk. Das Auswärtige Amt warnt im Lagebericht vom 11.01.07 vor einem „Ausbruch eines ethnischen Konflikts zwischen Arabern und Kurden“. Dieser sei zwar bis heute nicht offen ausgebrochen, doch komme es immer wieder zu Anschlägen in der Stadt. So starben nach Angaben von Iraq Today von Samstag mit Mittwoch allein in Kirkuk mindestens 11 Menschen bei Anschlägen und offenen Schießereien. Kurdische Gruppen versuchen gegen die frühere Arabisierungspolitik in Kirkuk unter Saddam Hussein, die arabische Bevölkerung zur Rückkehr in die ehemaligen Siedlungsgebiete zu bewegen und gezielt Kurden in Kirkuk anzusiedeln.

„Die undifferenzierte Rückführungspolitik Bayerns gießt Öl in diesen Konflikt“, so der stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Flüchtlingsrats, Hubert Heinhold. Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert das Bayerische Innenministerium auf, Flüchtlinge keinen unkalkulierbaren Risiken auszusetzen und Abschiebungen in den Irak zu unterlassen. „Eine solche kurzsichtige Politik torpediert die internationalen Bemühungen um Stabilisierung, schadet dem internationalen Ansehen Deutschlands und ist inhuman“.

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