28.03.2017
Durchsetzbarkeit zählt, der Rechtsstaat scheitert
Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert die Abschiebung eines in Deutschland verlobten Afghanen
Am gestrigen Montag wurde zum vierten Mal eine Sammelabschiebung mit insgesamt 15 Personen nach Afghanistan durchgeführt. Mehr als 300 Demonstrant*innen protestierten am Münchener Flughafen gegen diesen „Flug der Schande“.
Große Sorge bereitet der Verlust an Rechtsverständnis, Menschlichkeit und Augenmaß bei diesen Abschiebungen. Zur Legitimierung der Abschiebungen werden die Innenminister, insbesondere des Bundes und Bayerns, nicht müde zu betonen, dass auch Straftäter auf dem Flug sind. Bayerns Innenminister legitimierte die Abschiebung außerdem durch die Feststellung, es seien ausschließlich alleinstehende Männer abgeschoben worden. Zumindest in einem Fall ist das falsch, und war den Behörden bekannt: Herr R, einer der Abgeschobenen, ist schon länger verlobt. Die Papiere hatte das Paar beisammen, seit Monaten warteten sie auf eine Bestätigung der deutschen Botschaft in Kabul. Dennoch wurde abgeschoben. Die deutsche Verlobte muss nun, allen Reisewarnungen zum Trotz, nach Kabul nachreisen, damit das Paar heiraten kann. Wann aber Herr R wieder nach Deutschland kann, ist ungewiss. Nicht nur eine jahrelange Wiedereinreisesperre, sondern auch die Begleichung der Abschiebekosten steht dem erst mal entgegen.
„Die Art und Weise, wie hier mit einem Paar umgegangen wird, ist skandalös. Das Grundrecht auf Ehe und Familie, wie es im Grundgesetzartikel 6 und in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieft ist, gilt offenbar nicht, wenn es um die Durchsetzung von Abschiebungen nach Afghanistan geht. Die Unionsparteien fordern von Flüchtlingen die Beachtung hiesiger Gesetze und Werte. Dass die bayerische Regierung und Ausländerbehörden gleichzeitig diese Werte verbiegen und verletzen wie es ihnen gefällt, ist kein Vorbild. Dass sich auch Gerichte einer solchen Praxis nicht entgegenstellen, zeugt von einem eklatanten Mangel an Rechtsverständnis, dass unabhängig von der Herkunft der Betroffenen zu gelten hat“, kritisiert Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat.