28.07.2006

Die Forderungen der International Refugee Human Rights Tour

Flüchtlinge und UnterstützerInnen fordern die Abschaffung der Flüchtlingslager und ein Bleiberecht

International Refugee Human Rights Tour:  Am heutigen Freitag, den 28. Juli 2006 stellten Flüchtlinge und UnterstützerInnen der Öffentlichkeit die International Refugee Human Rights Tour vor. Ihre besondere Kritik richtet sich gegen die zwangsweise Unterbringung von Flüchtlingen in Sammellagern. Bayern hat mit dem Landesaufnahmegesetz von 2002 ein nahezu geschlossenes System der Lager geschaffen, das die Zentralen Aufnahmestellen in Zirndorf und München, die über 200 „Gemeinschaftsunterkünfte“ genannten Flüchtlingslager und – als Schlusspunkt – das Ausreisezentrum in Fürth umfasst. „In diesem Universum der Lager verfangen sich insbesondere die ca. 200.000 langjährig geduldeten Flüchtlinge, für die selbst Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eine Bleiberechtsregelung in Aussicht gestellt hat“, moniert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.

Uche Akpulu, nigerianischer Flüchtling, schilderte seine Lebenssituation in einem Münchner Barackenlager, in dem er sich ein 13 m²-Zimmer mit 3 weiteren Bewohnern teilen muss. Duschräume, Toiletten und Gemeinschaftsküche werden von 50 Personen benutzt, das Lager ist durch Stacheldraht abgeschirmt und ein Schild am Eingang stellt den unberechtigten Zutritt unter Strafe. „Das Lagersystem dient dazu, Flüchtlinge zu demütigen und herabzusetzen, denn den Behörden geht es um den Abschreckungseffekt. Lager sind aber auch ein Ausdruck eines politisch gewollten Ausschlusses der Flüchtlinge, denn je mehr man ihnen vorwerfen kann, unintegrierbar zu sein, um so leichter können sie abgeschoben werden“, so Uche Akpulu.

Debru Zewdie Ejeta, äthiopischer Flüchtling, der bereits seit 7 Jahren im größten südbayerischen Flüchtlingslager in Neuburg an der Donau leben muss, berichtete von der alltäglichen Isolation und Ausgrenzung. Flüchtlinge leiden besonders darunter, durch zwangsweise Unterbringung in Sammellagern von der übrigen Bevölkerung isoliert zu sein. Hinzu kommen die entmündigende Verteilung von Essenspaketen, Arbeitsverbote, die Beschränkung der Bewegungsfreiheit durch die Residenzpflicht und die Kriminalisierung alltäglicher menschlicher Verhaltensweisen. „Dass wir Flüchtlinge keine Erlaubnis erhalten, den Landkreis für Besuche bei Familienangehörigen und Freunden, von muttersprachlichen Gottesdiensten oder Konzerten erhalten, ist einfach unerträglich. Demütigend sind jedoch die harten Strafen, wenn wir es dennoch tun“, kritisiert Debru Zewdie Ejeta.

Shkurte Mustafa, Roma aus dem Kosovo, stellte die Absurdität dar, die ihr Leben beherrscht, weil sie seit über einem Jahrzehnt nur mit einer Duldung in Deutschland lebt. Als Siebenjährige floh sie mit ihren Eltern aus dem Kosovo nach Deutschland. Heute ist sie 22 Jahre alt. Vor einem Jahr wurde sie mit ihren Eltern und den jüngeren, in Deutschland geborenen Geschwistern wieder in ein Flüchtlingslager in Augsburg eingewiesen, obwohl sie sieben Jahre lang in einer eigenen Wohnung lebte. Sie ist zur Untätigkeit verdammt, eine

Berufsausbildung bleibt ihr versagt, weil sie keine Arbeitserlaubnis bekommt, ein Ausweg aus dem Lager ist für sie und ihre Familie nicht in Sicht. „Wenn wir kein Bleiberecht bekommen, werden wir in der ehemaligen Kaserne verschimmeln. Zu acht in zwei kleinen Zimmern, das ist doch kein menschenwürdiges Leben. Und was sollen wir, meine Geschwister und ich machen? Wir wollen unsere Eltern unterstützen, eine Ausbildung machen, irgendwann von zu Hause ausziehen, leben wie normale junge Frauen eben. Aber das dürfen wir nicht weil es uns der Staat verbietet“, hält sie den Verantwortlichen vor.

Die International Refugee Human Rights Tour fordert deshalb

  • die Abschaffung der Flüchtlingslager und eine Änderung des Bayerischen Landesaufnahmegesetzes, das den Lagerzwang für Flüchtlinge festschreibt,
  • die Beendigung der Ausgrenzung und Isolation von Flüchtlingen durch Lager, Residenzpflicht, Essenspakete, Arbeitsverbote und Kriminalisierung alltäglicher, menschlicher Handlungen und
  • ein Bleiberecht für Flüchtlinge, um ihnen eine Lebensperspektive zu ermöglichen und die Chance auf ein menschenwürdiges Leben einzuräumen.

Ihren Forderungen werden mit folgenden Aktionen Nachdruck verliehen:

29. Juli - 14.00 Uhr | Fürth, Fürther Freiheit „Abschiebelager abschaffen“ - Bundesweite Auftaktdemonstration gegen das Fürther Abschiebelager mit Live Acts beim Abschluss vor dem„Ausreisezentrum“

30. Juli - 11.00 Uhr | Nürnberg, Lorenzkirche Ausstellung zum Fürther Abschiebelager und Dezentrale Aktionen beim Bardentreffen

31. Juli - 13.00 Uhr | Neuburg/Ingolstadt, Einmündung Hagau in die B 13 „Die Grenzen auf!“ - Flüchtlinge & PolitikerInnen öffnen die Residenzpflichtgrenze zwischen den Landkreisen Neuburg und Ingolstadt

1. August - 11.00 Uhr | Neuburg, Donauwörther Str. B 82 „Jobparade“ gegen die Arbeitsverbote für Flüchtlinge

2. August - 14.00 Uhr | Landshut, Rathaus „Gleiche Rechte für alle!“ - Demonstration gegen Sozialabbau und rassistische Ausgrenzung

3. August - 14.00 Uhr | Landshut, Rathaus „Lager abschaffen!“ - Kundgebung gegen die Zwangsunterbringung von Flüchtlingen in Sammellagern mit anschließendem „Audioballet“

4. August - 11.00 Uhr | München, Boschetsrieder Str. 41 „Abschiebungen stoppen! Flüchtlinge willkommen!“ - Kundgebung gegen das Bundesamt für Flucht und Migration und die Zentrale Rückführungsstelle Südbayern. Solidarität mit den Flüchtlingen in der Zentralen Aufnahmestelle

4. August - 14.00 Uhr | München, Odeonsplatz „Hier geblieben!“ - Kundgebung beim Bayerischen Innenministerium für ein uneingeschränktes Bleiberecht

5. August - 14.30 Uhr | München, Gollierplatz „Deutschland Lagerland“ - Abschlussdemonstration der International Refugee Human Rights Tour

Informationen zur International Refugee Human Rights Tour, Pressetexte und Bilder zum Download erhalten Sie im Internet unter www.deutschland-lagerland.de

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