20.05.2002

Der Streit um das Zuwanderungsgesetz geht weiter

Proteste gegen Ausreisezentrum in Bayern - Kritiker sprechen von Internierungslager

Bayerischer Flüchtlingsrat, res publica, Karawane München: Die Auseinandersetzungen um das Zuwanderungsgesetz gehen in eine neue Runde. Nach den Debatten in den Parlamenten melden sich nun die Betroffenen selbst zu Wort. Massive Proteste gegen die Einrichtung sogenannter Ausreisezentren kündigten Ausländerorganisationen, Menschenrechtsgruppen und Antirassismus-Aktivisten an.

In München ruft ein großes Bündnis aus mehr als 40 Gruppierungen unter dem Slogan "Deutschland - Lagerland" zu einer Demonstration auf: Gegen Ausreisezentren und für das Recht auf Freizügigkeit.
Termin: Demonstration am Samstag, den 25.05.02 um 12.15 Uhr am Karlsplatz in München


In Ausreisezentren sollen nach den Planungen von Bund und Ländern abgewiesene Asylbewerber zur Ausreise oder zur Mithilfe bei der eigenen Abschiebung gezwungen werden. Sie sollen beispielsweise an der Beschaffung von Reisepapiere mitwirken. Die Lager sind zwar keine Gefängnisse, die Menschen sind dort aber faktisch interniert. Sie unterliegen einer täglichen Meldepflicht und regelmäßigen Verhören. Die Insassen bekommen bei strengem Arbeitsverbot überhaupt kein Geld für die Dinge des alltäglichen Bedarfs und werden lediglich aus einer Großküche mit Lebensmitteln versorgt. Bei Zimmerkontrollen werden Geld und persönliche Dinge beschlagnahmt. Alle Maßnahmen der Einrichtung einschließlich der sogenannten psychosozialen Beratung zielen darauf ab, die Flüchtlinge mürbe zu machen und von der Sinnlosigkeit ihres Widerstandes zu überzeugen. Ausreisezentren werden von der rot-grünen Regierung im Zuwanderungsgesetz vorgeschlagen und sollen demnächst unter anderem in Bayern eingerichtet werden. Für ausführliche Informationen siehe www.ausreisezentren.cjb.net.

Der togoische Flüchtling Akakpo Dossou sagte: "Der Begriff Ausreisezentrum redet die Sache schön, wie bei Orwell. In Wahrheit geht es um üble Abschiebelager."

Informationen des Bayerischen Flüchtlingsrates zufolge haben Erfahrungen aus Modellversuchen wie dem sogenannten Projekt X in Niedersachsen gezeigt, daß nur die wenigsten der in den Ausreisezentren untergebrachten Menschen tatsächlich ausreisen oder abgeschoben werden können. Viele der Internierten blieben unter den entwürdigenden Bedingungen im Lager oder tauchten unter. Matthias Weinzierl, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates, sagt dazu: "Mit den Lagern werden Endstationen ohne jegliche Perspektive einer Teilhabe an der Gesellschaft geschaffen, Orte völliger Hoffnungs- und Trostlosigkeit." Er wirft der rot-grünen Regierung und Innenminister Beckstein wegen der geplanten Einrichtung der Ausreisezentren "die Aufgabe aller humanitären Grundsätze und den Gebrauch der Mittel eines totalitären Staates" vor. Die Abschiebelager seien ein Verstoß gegen die Menschenwürde und elementare Freiheitsrechte. Er fordere den Bundespräsidenten auf, das Zuwanderungsgesetz nicht zu unterzeichnen, und kündige weiteren Widerstand gegen die Ausreisezentren an.

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