11.02.2020
Der CSU-Familientrennungsflieger
Auch mit der nächsten Abschiebung nach Afghanistan zeigt die Bayerische Regierung, dass es ihr egal ist, wen sie abschiebt
„Die Familie muss im Zentrum stehen. Familien sind der kostbarste Schatz unserer Gesellschaft. Sie verdienen unsere ganze Anerkennung und Unterstützung. Wir wollen eine familiengerechte und kindergerechte Gesellschaft gestalten. Der Staat sollte Familien mit Zutrauen begegnen und nicht mit Misstrauen. Jede Familie soll frei wählen können, für welchen Lebensplan sie sich entscheidet.“ So steht es auf der Webseite der CSU unter „Themen und Werte“.
Die afghanische Familie ist wohl nicht gemeint. Auf dem für Mittwoch, 12.02. angesetzten Abschiebeflug nach Kabul werden, wenn es nach dem Willen des CSU-Innenministers und seiner Behörden geht, drei junge Männer sein, die Familie hier haben:
Jamal N. hat mit seiner afghanischen Lebensgefährtin ein fünf Monate altes Mädchen. Obwohl er gearbeitet hat, bis es ihm verboten wurde, obwohl er sich um seinen Pass bemüht hat, damit er über ein Visumverfahren einen legalen Aufenthalt bekommen kann (der Pass ist inzwischen da), will die Zentrale Ausländerbehörde Schwaben ihn jetzt abschieben.
Masoud ist mit seiner afghanischen Lebensgefährtin verheiratet. Er kam als unbegleiteter Jugendlicher, saß versehentlich 11 Monate in U-Haft (die Staatsanwaltschaft erkannte erst dann, dass er nicht schuldig war), versemmelte deshalb sein Asylverfahren, könnte eine Ausbildung machen, durfte aber nicht. Jetzt soll er abgeschoben werden, trotz Heirat.
Amin wird voraussichtlich im August Vater eines Kindes, das die deutsche Staatsbürgerschaft haben wird. Amin ist Straftäter, schwere Körperverletzung, hat aber drei Jahre Bewährungsstrafe hinter sich gebracht. Er kam 2015 nach Deutschland, lernte Deutsch bis B1 Niveau, arbeitete, hatte eine Lehrstelle, der Antritt der Lehre wurde ihm aber von der Ausländerbehörde verboten. Er lernte vor gut einem Jahr seine deutsche Freundin kennen, sie sind seitdem zusammen, mittlerweile verlobt, seit drei Monaten ist die Freundin schwanger.
„Findet die Abschiebung planmäßig statt, dann sind auf diesem Flug mindestens drei Fälle, in denen die bayerischen Behörden rechtstaatliche und christliche Grundrechte mit Füßen treten. Wenn es drauf ankommt, dann sind den bayerischen Behörden die sonst vollmundig postulierten Werte nichts mehr wert“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Wir appellieren an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, diese Familien nicht auseinanderzureißen. Hier geht es nicht nur um die Glaubwürdigkeit der CSU, sondern auch um diese jungen Leute und ihre Kinder. Verschonen Sie diese drei jungen Männer vor der Abschiebung, mit der sie über nicht absehbare Zeit von ihren Familien getrennt werden würden.“