14.06.2009

Demonstration in Würzburg: Freiheit statt Zwang!

"Für Meinungsfreiheit! Gegen Lagerzwang!"

Demonstration am 13.6.09 in Würzburg. Foto: Patrick Friedl

In der Würzburger Innenstadt demonstrierten am 13.06.2009 rund 200 Menschen für die Rechte von Flüchtlingen. Unter den Demonstranten befanden sich sowohl Männer, Frauen und Familien aus der Gemeinschaftsunterkunft Würzburg als auch viele Würzburger Bürger und die Studierenden des Asylarbeitskreises der Katholischen Hochschulgemeinde.

Anlässlich der Debatte im Bayerischen Landtag am 18.06.2009 über eine Änderung des Flüchtlingsaufahmegesetzes  fanden von 11.06 bis 14.06 in München Aktionstage unter dem Motto „Lagerschlussverkauf  Selbstbestimmung statt Zwang! Für das Recht auf menschenwürdiges Leben!” statt. Die Flüchtlinge wollten damit zusammen mit dem Bayerischen Flüchtlingsrat auf ihre derzeitige Situation in bayerischen Lagern, sogenannten Gemeinschaftsunterkünften (GU) hinweisen, um der geplanten Gesetzesänderung Nachdruck zu verleihen. Da vielen Bewohnern der Würzburger GU die Fahrt nach München und damit das Demonstrieren für ihre Rechte in der Landeshauptstadt von der Zentralen Rückführungsstelle Bayern und dem Bayrischen Innenministerium untersagt worden war, organisierte der Asyl-Arbeitskreis der Katholischen Hochschulgemeinde Würzburg zusammen mit einigen Würzburger Asylbewerbern innerhalb der letzten Woche eine Paralleldemonstration zu München. Frau von Bibra, die Sprecherin des Asyl Arbeitskreises äußerte sich fassungslos darüber, dass in Bayern auf diese Art versucht wird, Menschenrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu unterbinden.

Unter dem Motto „Freiheit statt Zwang! Gegen Lagerzwang! Für Meinungsfreiheit!“ versammelten sich die Demonstranten am Samstag Vormittag vor dem Würzburger Dom. Die Veranstalter zeigten sich erfreut ob der zahlreichen Beteiligung: Rund 200 Menschen, darunter zahlreiche Bewohner aus der GU, Vertreter des Eine-Welt-Forums, von Attac, aus der Politik und zahlreiche Würzburger Bürgerinnen und Bürger waren gekommen. Mit Spruchbändern wie „Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit statt Residenzpflicht und Lagerzwang“ sowie „Die Asylpolitik macht krank bis tot“ machten sie auf die Missstände in der bayerischen Asylpolitik aufmerksam und prangerten mit Sprüchen wie „5 Jahre, 10 Jahre, 15 Jahre – wie lagen noch diese Ungewissheit?“ die zermürbenden Bedingungen der Asylverfahren an. Zur Frage nach ihrer Würde, zitierten die Flüchtlinge § 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Die Abschlusskundgebung fand vor dem Dom statt. In verschiedenen Reden wurde “im Sinne unserer Demokratie“ die Einhaltung der Menschenrechte und die Achtung der Menschenwürde gefordert, konkret die Abschaffung des Lagerzwangs und freie Wohungswahl, die Verbesserung der Wohnsituation in den Unterkünften (z.B. der Hygienestandards), Integrationsmaßnahmen, faire Asylverfahren sowie psychotherapeutische Betreuung zur Traumabewältigung. Dagmar Ludin, eine Ärztin, die sich seit langem im Asylheim engagiert, las von Flüchtlingen verfasste Texte zum Thema „Was macht mich krank?“ vor: „Es macht mich krank, dass ich keine Zeit und keinen Raum für mich habe und dass ich Privates immer mit anderen teilen muss. Es macht mich krank, dass ich nicht selbst für meine Familie sorgen kann.“ Eine Bewohnerin ließ die Zuhörer in ihrer sehr emotionalen Rede an ihrer persönlichen Geschichte teilhaben, an Flucht und Verfolgung in ihrem Heimatland, an der oft zweifelhaften Behandlung durch die Behörden in Deutschland und an dem schwierigen Leben in den Gemeinschaftsunterkünften. Ihre Geschichte, ihre Ängste, aber auch ihre Hoffnung standen exemplarisch für die vieler Flüchtlinge. Sie schloss mit den Worten: „ Ich will keine Sozialhilfe, ich will Verständnis, Vertrauen und Respekt.“  Patrick Friedel, Stadtrat und Vorsitzender des Würzburger Bündnis 90/die Grünen, beleuchtete in seiner Rede die politischen Hintergründe und erklärte, dass es zwar in Würzburg ein parteiübergreifendes Bündnis für ein menschlicheres Miteinander und eine einstimmige Stadtrat-Resolution mit dem Ziel der Schließung der Unterkunft gebe, dies aber auf Landesebene fehle. Für die Debatte diese Woche forderte er, dass das Leben in Gemeinschaftunterkünften,  mit Zuteilung von festen Nahrungsmittelrationen und Kleidung sowie die fehlende Möglichkeit einer Teilnahme am öffentlichen Leben beendet werden müssen . Er wies daraufhin, dass vor allem Deutschland, aufgrund seiner Geschichte, große Verantwortung trägt: Vor über 60 Jahre seien viele Menschen auf der Flucht vor dem Nazi-Regime auf Asyl in anderen Ländern angewiesen gewesen. Nun sei es an Deutschland anderen Menschen in Not ebenso Asyl zu gewähren. Den Abschluss machte der Rechtsanwalt Herr Koch, der viele Asylverfahren von Würzburger Flüchtlingen betreut und sich als Vorstandsvorsitzender des „Freundeskreises für ausländische Flüchtlinge“ engagiert. Er schilderte seine Betroffenheit , wenn er sehe wie Asylverfahren mit besten Erfolgsaussichten oftmals unnötig in die Länge gezogen werden. Außerdem machte er deutlich, dass in  Bayern die vom Bundesgesetzgeber gelassenen Regelungsmöglichkeiten für die Länder soweit als möglich im Negativen ausgeschöpft werden und hierbei die Menschenrechte der Flüchtlinge hinter der "Förderung der Rückkehrbereitschaft" zurücktreten müssen.

Der Veranstalter, Herr Thekkumthala zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung und appellierte eindringlich an die Abgeordneten des Bayerischen Landtags: “Trotz  der kurzfristigen Organisation hat die Demonstration Unterstützung in der Würzburger Politik und am heutigen Tag viele positive Rückmeldungen von den Würzburger Bürgern bekommen. Bei dem Versuch jedoch auch die Politiker auf Landesebene auf dieses Unrecht aufmerksam zu machen, wurden die Vertreter des Asyl - Arbeitskreises bisher entweder vertröstet oder sogar gänzlich ignoriert. Wir vom Asyl Arbeitskreis hoffen, dass der Landtag am kommenden Donnerstag die Stimmen der Betroffenen und der Bevölkerung in seiner Entscheidung berücksichtigt.“

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