15.07.2004

Bleiberecht statt Widerruf

Unter dem Titel „Bleiberecht statt Widerruf“ veranstaltete der Bayerische Flüchtlingsrat am heutigen Donnerstag in München eine Pressekonferenz

Grund war die massive Eröffnung von Widerrufsverfahren durch das Bundesamt für Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, kurz Bafl. Insbesondere anerkannten Flüchtlinge aus dem Kosovo wird seit Beginn letzten Jahres ihr Asylstatus oder ihr Bleiberecht wieder entzogen. Lapidar heißt es in den Bescheiden, dass die Situation eine andere sei als zum Zeitpunkt der Asylantragsstellung und deshalb kein Grund für eine weitere Asylgewährung vorliege. Ähnlich wird seit einigen Wochen mit Flüchtlingen aus dem Irak verfahren, auch afghanischen Flüchtlingen droht bald der Entzug ihres Asylrechts.

Der Bayerische Flüchtlingsrat, das Nürnberger Bündnis Aktiv für Menschenrechte und die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Ausländerbeiräte kritisieren in einem gemeinsamen Appell diese Praxis des Bafl und der Ausländerbehörden und fordern ein Bleiberecht statt Widerrufsverfahren für Flüchtlinge aus den betreffenden Regionen.
Der Münchner Ausländerrechtsanwalt Hubert Heinhold verwies auf der Pressekonferenz darauf, dass die massenhafte Einleitung von Widerrufsverfahren mit rechtlichen Bestimmungen im Asylverfahrensgesetz nicht in Einklang zu bringen sei. „Selbst wenn die Situation im Herkunftsland ein Widerrufsverfahren ermöglichen würde, was hinsichtlich Kosovo, Irak und Afghanistan mehr als zweifelhaft ist, so verbietet die humanitäre Klausel des § 73.1.3 Asylverfahrensgesetz die Einleitung eines Verfahrens ohne Prüfung des Einzelfalls. Die Praxis des Bafl, Bescheide flächendeckend zu verschicken, ist nicht im Sinne des Gesetzgebers und menschlich zutiefst inakzeptabel“, so Heinhold.

Diese Auffassung wurde auch von Anni Kammerlander, Geschäftsführerin des Behandlungszentrums für Flüchtlinge und Folteropfer Refugio München, vertreten: „Traumatisierte Personen, die bei uns wegen erlittener Verfolgung oder Folter in Behandlung sind, bekommen diese Bescheide, obwohl das Bundesamt genauestens über die jeweiligen Einzelfälle informiert ist. Auch Menschen, die bei uns in Behandlung waren, erfolgreich ihr Trauma überwunden haben und in dieser Gesellschaft Fuß gefasst haben, werden durch diese Bescheide massiv retraumatisiert. Wir haben inzwischen mehrere Fälle, in denen erfolgreich behandelte Personen zusammengebrochen sind und nun wieder als Klienten bei uns sind. Einen Widerruf konnten wir mit Verweis auf das Verfolgungsschicksal abwenden, doch der Schaden ist erst Mal angerichtet.“

Diese Fälle zeigen, dass das Bundesamt Widerrufsverfahren im großen Stil einleitet, ohne die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Entscheidungsgrundlage zu erheben und vor allem, ohne Rücksicht auf den Einzelfall. Hier handelt es sich nach Auffassung des Bayerischen Flüchtlingsrats um eine rigide Flüchtlinge-Raus-Politik von Schreibtischtätern, die sich um die Konsequenzen nicht schert. Der Bayerische Flüchtlingsrat appelliert deshalb an den Bundesinnenminister, die Einleitung von Widerrufsverfahren sofort zu stoppen und wieder zu einer Flüchtlingspolitik nach menschlichem Maß zurückzufinden. Dies würde heißen, Flüchtlingen, deren Schutzbedürftigkeit festgestellt wurde, Integrationshilfen zu geben und Bleiberecht zu gewähren.

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