30.07.2013

Beschlossene Verbesserungen für Flüchtlinge in Bayern sind eine Farce

Bayerische Staatsregierung hat heute Änderungen in der Asylpolitik beschlossen/ Flüchtlingsrat: Symbolpolitik reicht nicht, ein grundlegender Richtungswechsel ist notwendig!


Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt, dass die bayerische Staatsregierung in der heutigen Sitzung des Kabinetts Verbesserungen für Flüchtlinge in Bayern beschlossen hat, kritisiert aber, dass die Änderungen bei weitem nicht ausreichen: „Die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Bayern sind so verheerend, dass es immer wieder zu Suiziden und Suizidversuchen, aber auch zu Protestaktionen wie Hungerstreiks kommt. Die heute beschlossenen Änderungen werden daran jedoch kaum etwas ändern. Diese Symbolpolitik reicht nicht aus, eine grundlegende Kurskorrektur in der Asylpolitik ist dringend nötig“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.

Förderung der Rückkehrbereitschaft durch schlechte Lebensbedingungen:
Heute wurde beschlossen, den berüchtigten Satz, wonach die Unterbringung in Flüchtlingslagern „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“ soll, aus der bayerischen Asyldurchführungsverordnung zu streichen (§ 7 Abs. 5 DV Asyl). Als Grund dafür gibt Sozialministerin Christine Haderthauer jedoch nicht die schlechten Lebensbedingungen an, unter denen Flüchtlinge in Bayern leiden. Der Satz sei zu streichen, weil er „in der öffentlichen Diskussion immer wieder dazu missbraucht [wurde], ein falsches Bild von der erfolgreichen bayerischen Asylsozialpolitik zu zeichnen“.
Bayern hat im bundesweiten Vergleich die höchste Unterbringungsquote in Flüchtlingslagern und dezentralen Unterkünften. Was daran erfolgreich sein soll, ist uns rätselhaft“, erklärt Alexander Thal. „In keinem anderen Bundesland gibt es so große Probleme, die steigende Zahl von Flüchtlingen menschenwürdig unterzubringen. Das liegt eindeutig an der strikten bayerischen Lagerpflicht für Flüchtlinge, die im Bayerischen Aufnahmegesetz geregelt ist. Deshalb ist es zwingend notwendig, diese Lagerpflicht schnellstmöglich abzuschaffen. Die jahrelange Unterbringung in Flüchtlingslagern in drangvoller Enge und ohne Privatsphäre zermürbt die betroffenen Flüchtlinge und treibt sie in die Verzweiflung. Die Flüchtlingslager sollten nur eine Zwischenlösung sein, um Obdachlosigkeit zu vermeiden, Flüchtlinge sollten danach in Wohnungen umziehen können. Allein die Streichung des widerwärtigen Satzes aus der DV Asyl bringt nochlange keine Verbesserungen“, so Alexander Thal.

Residenzpflicht:
Flüchtlinge im Asylverfahren sind in Bayern in ihrer Bewegungsfreiheit auf die Regierungsbezirke beschränkt. Innenminister Joachim Herrmann lehnte es heute ab, diese Residenzpflicht auf ganz Bayern zu erweitern. Die bayerische Regelung sei „großzügiger als in vielen anderen Bundesländern“. Als einziges Zugeständnis hat er heute an die Landkreise und kreisfreien Städte appelliert, die „Verlassenserlaubnisgebühr“ von 10 Euro nicht mehr zu erheben.
Alle anderen Bundesländer haben die Residenzpflicht auf das ganze Bundesland ausgeweitet. Weshalb auf diesem Hintergrund die bayerische Regelung großzügiger sein soll, erschließt sich wohl nur Innenminister Herrmann“, kritisiert Alexander Thal. „Zudem ist die Abschaffung der Verlassenserlaubnisgebühr kein Entgegenkommen an die Flüchtlinge, denn es gibt bereits mehrere Gerichtsurteile in Bayern, wonach ihre Erhebung rechtswidrig ist. Sie ist lediglich ein Schritt zur Schonung der Staatskasse, die regelmäßig die Kosten für Anwälte und verlorene Verfahren übernehmen muss. Der richtige Schritt wäre, die Residenzpflicht sofort auf ganz Bayern auszuweiten, und mit einer Bundesratsinitiative dazu beizutragen, dass diese schikanöse, europaweit einmalige Regelung komplett aus den Bundesgesetzen gestrichen wird!

Essenspakete:
Bayern ist das einzige Bundesland, in dem Flüchtlinge in Lagern flächendeckend mit Essenspaketen versorgt werden. Christine Haderthauer sprach nach der heutigen Kabinettssitzung nebulös von einer „Flexibilisierung des Sachleistungsprinzips“, den Bezirksregierungen würden großzügige Entscheidungsfreiheiten bei der Versorgung von Flüchtlingen eingeräumt. Ob sie damit die Essenspakete grundsätzlich abschaffen können, oder nur im begründeten Einzelfall zur Bargeldauszahlung übergehen dürfen, ist unklar.
Alexander Thal: „Essenspakete entmündigen die Flüchtlinge und zwängen ihnen Lebensmittel auf, die sie nicht wollen. Sie sind teuer und erfordern einen immensen logistischen Aufwand, sie anhand von Bestellzetteln zweimal pro Woche individuell zusammenzustellen und in ganz Bayern auszuliefern. Wir fordern von Sozialministerin Haderthauer eine eindeutige Erklärung, die Essenspakete abzuschaffen und sofort Bargeld auszuzahlen“.

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