20.04.2005

Bayern wird zum Lagerland

Bericht der Staatsregierung zu Bayerns "Ausreisezentren"

"Bestimmte Gemeinschaftsunterkünfte" werden abgeschafft, Zermürbung findet jetzt in allen Sammelunterkünften für Flüchtlinge statt. Innenminister Günther Beckstein versucht damit, den Protesten gegen seine Lagerpolitik die Ziele zu nehmen, indem er Ausreisezentren nicht mehr als solche benennt.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein legte heute auf Antrag der Grünen im Bayerischen Landtag einen Bericht über die Zukunft der "bestimmten Gemeinschaftsunterkünfte" genannten Ausreisezentren und der Zentralen Rückführungsstellen (ZRS) vor Darin teilt Innenminister Beckstein mit, dass die bayerische Staatsregierung das Konzept der "bestimmten Gemeinschaftsunterkünfte" aufgeben wird. Flüchtlinge, die zur Ausreise gezwungen werden sollen, in "sog. bestimmte Gemeinschaftsunterkünfte[n] zu konzentrieren, [habe] zu gewissen Akzeptanzproblemen in der jeweiligen Nachbarschaft" geführt. Das Abschiebelager in Fürth bleibt von dieser Regelung jedoch unberührt.

Die Abschaffung der Mehrheit der bayerischen Abschiebelager beinhaltet jedoch nicht die überfällige Abkehr von der Strategie, Flüchtlinge zur sog. "freiwilligen" Ausreise zu nötigen. Die dafür zuständigen ZRS bleiben in vollem Umfang erhalten, die MitarbeiterInnen üben ihren psychischen Druck nur an anderer Stelle aus. Nach dem Bericht aus dem Hause Beckstein sind folgende Änderungen in der Arbeit der ZRS vorgesehen:

Flüchtlinge, die ohne gültige Ausweispapiere in Deutschland um Asyl nachsuchen, durchlaufen nach wie vor das normale Asylverfahren in den zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf. Nach spätestens drei Monaten werden sie auf die bayerischen Kommunen verteilt und dort in Unterkünften untergebracht. Doch im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingen bleiben sie dem Zugriff der ZRS ausgesetzt, die für diese Flüchtlinge die Aufgaben einer Ausländerbehörde übernehmen. Die Angestellten der ZRS konzentrieren damit ihre Verhöre nicht mehr nur auf extra ausgewiesene Ausreisezentren, sondern können überall in Bayern mit ihren Befragungen und Verhören psychischen Druck ausüben, um die Betroffenen zur Beschaffung von Heimreisepapieren, zur Ausreise und/oder zum Untertauchen in die Illegalität zu nötigen.

res publica und der Bayerische Flüchtlingsrat sind sehr besorgt über die angekündigten Änderungen. "Zwar ist die Schließung der 'bestimmte Gemeinschaftsunterkünfte' genannten Abschiebelager ein beachtenswerter Erfolg der Proteste gegen die Zermürbung von Flüchtlingen in isolierten Lagern", kommentiert Alexander Thal, Sprecher der Menschenrechtsorganisation res publica die Schließung der bestimmten Gemeinschaftsunterkünfte. "Doch damit versucht Beckstein lediglich, die Proteste gegen seine inhumane Lagerpolitik zu zerstreuen, indem er sich weigert, die Lager zu benennen, in denen die Zermürbung stattfindet". Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats moniert deshalb, dass "Bayern auch weiterhin versuchen wird, Flüchtlinge ohne Papiere durch die Schaffung einer Stimmung der Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit zur Aufgabe ihres Vorhabens, Schutz in Deutschland zu suchen, zu zwingen. Zudem bringt er die Wohlfahrtsverbände in große Gewissensnöte. Denn sie weigern sich bisher, in Ausreisezentren, also in der Ausreiseeinrichtung in Fürth und den bestimmten Gemeinschaftsunterkünften, eine psycho-soziale Beratung anzubieten. Jetzt werden die Verbände trotzdem vom Innenministerium vereinnahmt"

Weitere Informationen, insb. den Bericht des Bayerischen Innenministers Günther Beckstein, finden Sie auf der Dokumentationsseite Ausreisezentren von res publica

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