18.12.2015
Bayern „konzentriert“ Balkan-Flüchtlinge in Sonderlagern
Weihnachtsbotschaft des Freistaats: „Es besteht ein erhebliches Interesse daran“, Menschen aus sog. sicheren Herkunftsstaaten in Sonderlagern „zu konzentrieren“
Seit ihrer Eröffnung in Manching und Bamberg stehen die Balkan-Sonderlager der Bayerischen Staatsregierung in der Kritik. Flüchtlinge aus Balkan-Staaten sollen, so die offizielle Begründung, gleich nach der Ankunft in diesen Lagern untergebracht und ihre Asylanträge unmittelbar abgelehnt werden. Bis zur Ausreise oder Abschiebung müssen sie in diesen Unterkünften bleiben. Doch entgegen der staatlichen Planungen kommen in Folge der Abschreckungspolitik nur noch wenige Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten in Bayern an.Deshalb werden nun alle Balkan-Flüchtlinge in Bayern in den Sonderlagern zusammengetrieben, darunter viele Menschen, die schon viele Jahre in Deutschland leben. Auch schwer kranke Flüchtlinge, die sich in stationärer Behandlung in Krankenhäusern befinden und nicht transportfähig sind, sollen nun umziehen. Kinder, die bisher an ihren Wohnorten in die Schule gingen, werden aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen und neuerdings direkt in den Lagern in Klassen à ca. 45 Kindern beschult.
Welche Absicht wirklich mit den Balkan-Sonderlagern verfolgt wird, darüber gibt der Umverteilungsbescheid der Regierung von Oberfranken, der in den letzten Wochen mehrfach versandt wurde, beredt Auskunft:
„Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit in der für sie zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu konzentrieren. Dies dient unmittelbar der Verfahrensbeschleunigung und damit dem öffentlichen Interesse an einem möglichst effizienten Einsatz öffentlicher Mittel. Dieser effiziente Mitteleinsatz ist angesichts des massenhaften Zustroms von Ausländern unverzichtbar.“
Der Bayerische Flüchtlingsrat zeigt sich entsetzt über die gedanken- und gewissenlose Wortwahl der Regierung von Oberfranken.
„Bei den Umverteilungsaktionen wird keinerlei Rücksicht auf den Einzelfall genommen. Viele der Betroffenen leben seit vielen Jahren gut integriert in Deutschland, viele sind als Roma Nachfahren der Opfer des nationalsozialistischen Völkermords. Sie werden unter Androhung unmittelbaren Zwangs aufgefordert, sich für den Transport ins Lager bereitzuhalten. Welches Signal sendet Bayern mit der Begründung aus, es bestehe ein erhebliches Interesse daran, Balkan-Flüchtlinge in Abschiebelagern zu konzentrieren?“, fragt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Der Freistaat überbringt den Balkan-Flüchtlingen derzeit eine makabere Weihnachtsbotschaft: Das Wohlergehen der Betroffenen muss hinter dem öffentlichen Interesse an der Bekämpfung des massenhaften Zustroms von Ausländern zurückstehen, deshalb müssen sie sich im Abschiebelager einfinden. Frohe Weihnachten!“
Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert die sofortige Schließung der Abschiebelager in Bamberg und Manching!