31.07.2007
Bayerisches Sozialministerium unterläuft die Menschenrechte
Menschenrechtskommissar des Europarats übt heftige Kritik an Flüchtlingsunterbringung
Die Unterkunft in der Rosenheimer Straße befindet sich auf einer Verkehrsinsel knapp vor der Salzburger Autobahn. Sie besteht aus zweigeschossig gestapelten Containern, die für maximal 290 Personen ausgelegt sind. Zwei bis vier Personen teilen sich einen Container von rund 12 qm Grundfläche. Der Münchner Flüchtlingsrat hat mehrfach vehement auf die schlimme Situation in der Unterkunft hingewiesen, ohne dass die Regierung von Oberbayern als zuständige Behörde Anlass auch nur zu Verbesserungen sah. Auch der Forderung, keine Familien mit Kindern oder unbegleitete Minderjährige in der von Verkehr umtosten Unterkunft unterzubringen, kam die Behörde nicht nach. Lediglich ehrenamtliche Organisationen bemühten sich darum, durch die Einrichtung eines Spielplatzes den Kindern den Aufenthalt in der Unterkunft wenigstens zu erleichtern. Die Gefährdung der Insassen durch Verkehr und Umweltbelastung bleibt.
Den Kommentar der Bundesregierung zu Hammarbergs Kritik, das Sammellager in einer „zentralen innerstädtischen Lage“ biete den BewohnerInnen mit seinen Freiflächen „vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten“, empfindet Monika Steinhauser, Geschäftsführerin des Münchner Flüchtlingsrats, deshalb als reinen Zynismus.
Ohrfeige für den Freistaat
Der Menschenrechtskommissar der Europarats besuchte die Unterkunft im Oktober letzten Jahres. Die harsche Kritik an der Unterbringungspraxis für Flüchtlinge, die jetzt unverblümt in dem Bericht geäußert wird, ist ein Schlag ins Gesicht für das bayerische Sozialministerium, dem die Unterbringung obliegt. Hammarberg sieht die Zustände in der Unterkunft Rosenheimer Straße nicht im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Außerdem genüge sie nicht den Anforderungen der Europäischen Richtlinie zur Aufnahme von Asylsuchenden.
Auch der Münchner Flüchtlingsrat und der Bayerische Flüchtlingsrat sehen in dem Bericht zahlreiche Kritikpunkte bestätigt, deren Beseitigung sie seit Jahren bei der Bayerischen Regierung einklagen. „Die beengte Unterbringung in schäbiger Bausubstanz, die die Insassen über Jahre jeder Privatsphäre beraubt, die menschenunwürdige Abspeisung mit Essenspaketen und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch die Residenzpflicht sind Zwangsmaßnahmen, die Flüchtlinge aus dem gesellschaftlichen Leben ausgrenzen und als unwillkommene Menschen stigmatisieren. Der Menschenrechtskommissar legt in seinem Bericht offiziell dar, dass die bayerische Behandlung von Flüchtlingen mit den Menschenrechten und dem Europäischen Recht nicht in Einklang zu bringen ist“, so Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, umgehend Konsequenzen aus diesem Bericht zu ziehen und eine grundlegend verbesserte Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen einzuleiten. Angesichts sinkender Flüchtlingszahlen ist es unter menschlichen Gesichtspunkten nicht akzeptabel, dass eine derart schäbige Unterkunft wie die Rosenheimer Straße nicht längst geschlossen wurde“.
Download des Berichts