27.11.2014
Bayerische Asylpolitik verantwortlich für Flüchtlingsproteste
Zur Pressemitteilung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann
In seiner heutigen Pressemitteilung teilt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sein Unverständnis des Hungerstreiks in München mit. Man könne nicht mit Erpressung eine Asylanerkennung erzwingen, außerdem sei die Kritik an der Lagerunterbringung in Bayern falsch, da sich die Behörden um eine menschenwürdige Unterbringung bemühten.
Doch kann er damit nicht darüber hinweg täuschen, dass Bayern die rigideste Form der Lagerunterbringung gewählt hat. Alle Flüchtlinge im Asylverfahren und ein Großteil der Geduldeten müssen, so das bayerische Aufnahmegesetz, in sogenannten „Gemeinschaftsunterkünften“ mit Platz für mindestens 50 Flüchtlinge in Mehrbettzimmern ohne jegliche Privatsphäre untergebracht werden. Das sind häufig alte Kasernen, Containeranlagen, Holzbaracken oder ehemalige Gewerbegebäude. Selbst wenn Flüchtlinge eine Wohnung finden oder Familienangehörige und Freunde haben, die sie aufnehmen würden, dürfen sie nicht aus diesen Flüchtlingslagern ausziehen. Diese Art der Lagerunterbringung wird von Flüchtlingen durchgehend als psychisch extrem belastend und zermürbend beschrieben.
Würde die Staatsregierung Flüchtlinge großzügig und unbürokratisch aus den Sammellagern ausziehen lassen, hätte sie auch regelmäßig Plätze für neu ankommende Flüchtlinge frei. Doch sie hat sich nicht nur für die rigideste Unterbringungsregelung entschieden, sondern auch für die teuerste und unflexibelste. Da alle „Gemeinschaftsunterkünfte“ voll belegt sind, müssen deshalb Landkreise und Städte die verfehlte Asylpolitik ausbaden, und Flüchtlinge notdürftig in dezentralen Unterkünften unterbringen. Dennoch bildet sich ein Rückstau bei der Unterbringung von Flüchtlingen, der bis in die Erstaufnahmeeinrichtungen zurück reicht. Und auch die sind hoffnungslos überfüllt, weshalb Flüchtlinge derzeit in ganz Bayern in Turnhallen und Möbelhäusern zwischengeparkt werden.
„Wenn Innenminister Joachim Herrmann keinerlei Verständnis für die Proteste der Flüchtlinge in Bayern hat, dann sollte er sich dringend mit ihnen treffen, um zu erfahren, was seine verfehlte Asylpolitik bei den Flüchtlingen in Bayern anrichtet. Die Flüchtlinge wollen ihn nicht ungerechtfertigt erpressen, sondern sind schlicht und einfach verzweifelt“, kritisiert Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Heftig kritisiert er zudem Herrmanns Vergleich mit der Situation von Flüchtlingen in Jordanien: „Jordanien hat ca. 6 Millionen Einwohner und mehr als 600.000 Flüchtlinge allein aus Syrien aufgenommen. Bayern hat doppelt so viele Einwohner und müsste entsprechend 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge aufnehmen, um sich mit Jordanien vergleichen zu können. Doch die bayerische Staatsregierung ist bereits mit der Unterbringung von ca. 30.000 Flüchtlingen überfordert, die 2014 neu ankommen. Wir fordern deshalb Innenminister Herrmann auf, seine ungerechtfertigten Angriffe gegen die protestierenden Flüchtlinge einzustellen und stattdessen das zu tun, was seine Aufgabe ist: Der Realität ins Auge sehen, Ärmel hochkrempeln und schnellstmöglich eine menschenwürdige Flüchtlingsunterbringung auf den Weg bringen!“