28.05.2002

Ausreisezentren: Beckstein versucht abzuwiegeln

Bayerischer Flüchtlingsrat, res publica, Karawane München: Nach der eindrucksvollen Demonstration von 1000 Menschen am vergangenen Samstag gegen die geplante Einrichtung von Ausreisezentren in Bayern versucht Beckstein abzuwiegeln. Er wirft den Grünen im Bayerischen Landtag vor, Ausreisezentren zu kritisieren, obwohl sie als Teil der Bundesregierung mitverantwortlich sind, daß das neue Zuwanderungsgesetz die Einrichtung von Ausreisezentren vorsieht. Dieser Vorwurf ist gerechtfertigt und unterstreicht die in der Vergangenheit geäußerte Kritik von Menschenrechts- und Flüchtlingsgruppen an der Zwitterstellung der Grünen auf Bundes- und Landesebene. Gleichzeitig jedoch legitimiert Beckstein unter Verweis auf das neue Zuwanderungsgesetz, das er doch eigentlich konsequent ablehnt, die Einrichtung von Ausreisezentren in Bayern. Zudem fordert er von den Grünen, Menschenrechts- und Flüchtlingshilfsgruppen davon zu überzeugen, "daß abgelehnte Asylbewerber in ihr Heimatland zurückgeführt werden müssen und die Versuche, ihre Identität und Herkunft zu verschleiern, nur ein aussichtslosen Spiel auf Zeit sind" (s. Pressemitteilung 278/02).

In keinster Weise geht er jedoch auf die Kritik der Menschenrechts- und Flüchtlingshilfsgruppen ein, die Ausreisezentren als menschenunwürdige Abschiebelager bezeichnen. So kritisiert Matthias Weinzierl vom Bayerischen Flüchtlingsrat: "Es kann nicht angehen, daß Menschen in einem Lager interniert werden, bei völligem Entzug jeglicher Beschäftigungsmöglichkeiten, Geld- und Sachleistungen und vor allem bei dauerhafter Kontrolle durch private Sicherheitsdienste, regelmäßigen Verhören durch Ausländerbehörden und Botschaftsangestellte und willkürlichen Eingriffen in die Privatsphäre".
Alexander Thal von res publica weist auf den Verstoß gegen in Deutschland rechtsgültige internationale Menschenrechtsabkommen hin: "Die Schaffung einer 'Stimmung der Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit' in den Abschiebelagern mit dem Ziel, die betroffenen Flüchtlinge zur 'letztendlichen Kapitulation' und zur Ausreise zu zwingen, wie dies der zuständige Beamte für das Ausreisezentrum in Ingelheim (Rheinland-Pfalz) beschreibt, ist ein Verstoß gegen Art. 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, der grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung verbietet".
Der togoische Flüchtling Akakpo Dossou, der sich für die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen engagiert, wirft Beckstein vor: "In Ausreisezentren will man uns Flüchtlinge unter Druck setzen und uns in unsere Herkunftsländer zurückschicken. Uns ist es dabei egal, ob SPD-regierte Länder als erste Ausreisezentren eingerichtet haben oder die rot-grüne Bundesregierung die Ausreisezentren in das Zuwanderungsgesetz aufgenommen hat. Beckstein will einfach nicht verstehen, was es heißt, aus einem Verfolgerstaat zu flüchten. Anstatt uns hier ein Leben in Würde und Freiheit zu ermöglichen, kollaboriert er lieber mit den Botschaften diktatorischer Regime wie Togo, um unsere Abschiebung zu erreichen."

Die Menschenrechts- und Flüchtlingshilfsgruppen werfen Beckstein vor, Flüchtlinge in Ausreisezentren zu internieren, obwohl sie aus guten Gründen ihre Herkunftsländer verlassen haben, sei es aufgrund von politischer Verfolgung, Bürgerkriegen oder Armut und Hunger. So sollen in den geplanten Ausreisezentren nach telefonischer Auskunft von Ministerialrat Steiner (Bayerisches Innenministerium) unter anderen irakische Flüchtlinge interniert werden, denen er unterstellt, gar nicht aus dem Irak zu stammen, sondern aus der Türkei. Ob es jedoch gelingen wird, die türkischen Behörden dazu zu bringen, irakische Flüchtlinge aufzunehmen, insb. wenn es sich um Kurden und Kurdinnen handelt, ist mehr als fraglich. Dazu noch einmal Matthias Weinzierl: "Das Prinzip, Flüchtlinge um jeden Preis zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland zu zwingen, ist mit uns nicht zu machen. Da brauchen wir keine Belehrungen von Beckstein!"

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