29.10.2014

Ausländerbehörden unterlaufen informellen Abschiebestopp nach Afghanistan

Zwei Abschiebefälle in Bayern am heutigen Mittwoch / Ausländerbehörden missachten Entscheidung des Petitionsausschusses

Im Juli sprach sich der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags gegen die Abschiebung fünf afghanischer Flüchtlinge in ihr Herkunftsland aus, da auf eine Neubewertung der Sicherheitslage bei der Innenministerkonferenz der Länder gewartet werde. Diese hatte bei ihrer Tagung im Dezember eine Entscheidung vertagt, welche nun bei der anstehenden Vorkonferenz im November 2014, oder spätestens bei der Hauptkonferenz im Dezember 2014, erwartet wird. Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen des Bürgerkriegs auch bei den Ländern umstritten, entsprechend heikel ist die Bewertung. Daher hat sich auch der Petitionsausschuss entschieden, diese abzuwarten. Der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer, verkündete zudem, dass generell keine Abschiebung nach Afghanistan erfolgen solle, bis eine Entscheidung der Innenminister vorliegt.

Am heutigen Mittwoch, den 29.10.2014, sollen dennoch zwei Abschiebungen nach Afghanistan stattfinden. Die Ausländerbehörde Passau und die Ausländerbehörde Straubing haben jeweils die Maßnahmen eingeleitet und setzen sich damit über die Einschätzung des Petitionsausschusses und des Integrationsbeauftragten hinweg. Die Asylverfahren beider Betroffener wurden abgelehnt, fehlende Reisedokumente standen einer Abschiebung entgegen. Die Ausländerbehörde Passau versprach dem Betroffenen, der sich seit 2009 in Deutschland eine Aussicht auf eine Aufenthaltsverfestigung sowie die Möglichkeit weiterhin arbeiten zu dürfen, wenn er einen Reisepass vorlege. In Straubing legte der Flüchtling, der seit 2011 in Deutschland ist, einen Pass vor, um seine Partnerin heiraten zu können.

Es ist unfassbar, dass sich die Ausländerbehörden der Entscheidung des Petitionsausschusses widersetzen. Auf Teufel komm raus versuchen sie abzuschieben, ignorieren die unklare Weisungslage und die Gefahr für die Betroffenen in Afghanistan. Dass die Behörden den Betroffenen auch noch falsche Versprechungen machen und sich eine anstehende Heirat zu nutzen machen, macht deutlich, wie perfide sie handeln“, kommentiert Markus Geisel vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Die Hardliner aus Niederbayern haben sich dringend dem Petitionsausschuss zu fügen. Das Innenministerium muss hier ein Machtwort sprechen und klarstellen, dass es derzeit keine Abschiebungen nach Afghanistan aus Bayern geben darf! Es kann nicht sein, dass die Kavallerie in Niederbayern hier im rechtsfreien Raum handelt und die Gefahr für Leib und Leben der Flüchtlinge in Kauf nimmt!

Im Fall des Betroffenen aus Passau wurde eine Eilpetition beim Bayerischen Landtag gestellt. Der Ausgang ist derzeit noch unklar, der Abschiebeflug soll um 19 Uhr vom Münchner Flughafen stattfinden.
Im Straubinger Fall sollte bereits heute Morgen abgeschoben werden. Die Maßnahme wurde am Flughafen aus uns unbekannten Gründen abgebrochen. Der Betroffene ist jedoch weiterhin akut bedroht.

Die Sicherheitslage in Afghanistan hatte sich zuletzt weiter verschlechtert. Weiterhin sind zivile Opfer bei Anschlägen und Attentaten zu verzeichnen, die afghanische Regierung hat nicht die Kontrolle über alle Landesteile. Für Abgeschobene ist auch ein soziales Überleben nicht gesichert, da die wirtschaftliche Lage selbst in der Hauptstadt äußerst prekär ist.

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