10.10.2014

Aufnahmegesetz: Kippt Sozialministerin Emilia Müller um?

Rückzieher bei Lockerung der Lagerpflicht kontraproduktiv / Aktuelle Situation in München beweist dringenden Handlungsbedarf

Ende September bewiesen der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Martin Neumeyer und Bayerns Sozialministerin Emilia Müller Mut. Sie setzten sich von der bisherigen CSU-Linie zur Unterbringung von Flüchtlingen ab. Neumeyer sprach sich für eine Änderung des bayerischen Aufnahmegesetzes aus, so dass es u.a. Privatpersonen ermöglicht wird, Flüchtlinge zu Hause aufzunehmen. Dazu notwendig ist die Streichung der strikten Lagerpflicht für Flüchtlinge in Bayern. Müller unterstützte diesen Vorschlag, im Interview mit dem BR erklärte sie vor noch anderthalb Wochen: „Das Aufnahmegesetz steht derzeit auf dem Prüfstand, auch da muss sich was verändern. Mir geht's darum, dass Asylbewerber so schnell wie möglich ausziehen können aus den Gemeinschaftsunterkünften.

Dementgegen antwortet sie heute im ZDF auf die Frage zur Änderung des Aufnahmegesetzes: „Da Bedarf es aus meiner Sicht gar keiner Änderung“ und verweist auf bestehende Auszugsmöglichkeiten. Nachdem Müller vor einer Woche noch Geistesgegenwärtigkeit gezeigt hat, rudert sie nun offenbar zurück.

Die jüngsten Proteste in der Bayernkaserne und die Zeltunterbringung in München beweisen erneut, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind zum Bersten voll, die Kommunen ächzen. Die Lagerpflicht muss umgehend abgeschafft werden, um das bayerische Unterbringungssystem zu entlasten. Wir haben es deshalb sehr begrüßt, dass sich die bayerische Sozialministerin für eine entsprechende Änderung des Aufnahmegesetzes offen gezeigt hat. Doch jetzt scheint sie aufgrund des Drucks der Hardliner in der CSU, allen voran Innenminister Herrmann, umzufallen“, kommentiert Ben Rau vom Bayerischen Flüchtlingsrat.
Es ist uns bewusst, dass die Abschaffung der Lagerpflicht mit der CSU nicht einfach ist. Wenn Sozialministerin Müller aber wirklich einen Kurswechsel möchte und das Unterbringungschaos in Bayern in den Griff bekommen will, muss sie dies auch durchsetzen und Rückgrat beweisen. Dass Müller scheinbar beim ersten Gegenwind umkippt, ist enttäuschend und angesichts der Situation kontraproduktiv.

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