24.08.2005

Aidskranker Asylsuchender aus Burkina Faso in Westafrika darf abgeschoben werden

Die 21. Kammer des Verwaltungsgerichts München, vertreten durch Einzelrichter Kössing, hat entschieden, dass ein aidskranker Flüchtling nach Burkina Faso abgeschoben werden darf

Herr B's Klage gegen den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wurde von Herrn Richter Kössing abgelehnt. Das Bundesamt wertete die von Herrn B vorgelegten Unterlagen einer drohenden Verfolgung als nicht ausreichend und bezweifelte die Glaubwürdigkeit des Antragstellers, eine Auffassung, der sich Herr Richter Kössing ohne weiteres anschloss. Auch das ärztliche Attest, nach dem Herr B HIV infiziert ist und in den letzten Jahren mehrere erfolgreiche Behandlungen erfuhr, beeindruckte den Richter nicht. Zwar stellte er fest, dass es in Burkina Faso nur wenigen möglich sei, gegen AIDS behandelt zu werden, doch ist dies kein Grund für Schutz vor Abschiebung. Eine Behandlung ist immerhin möglich und, da sie nach Auskunft des Auswärtigen Amtes nur 90 Euro koste, auch zugänglich. Denn:
"Auf eine kostenlose Behandlung dürfte der Antragsteller aber nicht angewiesen sein, weil er sich seit mehr als vier Jahren in Deutschland aufhält und mutmaßlich sich etwas Geld angespart hat. Das Gericht meint dies nicht zynisch, es ist einfach so," mutmaßt Richter Kössing.

Der Bayerische Flüchtlingsrat hält eine solche Mutmaßung durchaus für zynisch und ungeeignet, eines Grundlage eines für den Betroffenen u.U. lebensbedrohlichen Beschlusses zu dienen.
Antje Sanogo, bei der Münchner Aidshilfe zuständig für den Bereich Migration, macht eine ganz andere Rechnung auf. Danach kostet die Behandlung in Burkina Faso jährlich rund 650 Euro, mit 90 Euro werden nur die vierteljährlich fälligen Laborkosten gedeckt. Quelle der Auskunft: das Auswärtige Amt. Der Bayerische Flüchtlingsrat ist mehr als besorgt ob eines Verwaltungsgerichtsurteils, das durchaus die Qualität hat, für den Betroffenen lebensgefährlich zu werden, und vielleicht auf einer Leseschwäche des zuständigen Richters beruht.

Folgt man der Auffassung von Richter Kössing, dass ein Flüchtling, der sich vier Jahre in Deutschland aufhält, automatisch über hinreichend Ersparnisse für eine AIDS-Behandlung im Herkunftsland verfügt, dann muss man am Sinn von Sozialhilfe oder Krankenversicherung zweifeln, denn auch hier müßte gelten: Kranke und Sozialhilfempfänger sollten doch Ersparnisse haben. Das wäre dann nicht zynisch, sondern das wär einfach so.

In der Anlage übersenden wir Ihnen einen Offenen Brief von Antje Sanogo zum in unseren Augen skandalösen Urteil.

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