18.06.2013
Abschiebungen im Jahr 2012
Zur Pressemitteilung des Bayerischen Innenministeriums vom 18.06.2013
Mit seiner heutigen Pressemitteilung informierte der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann, dass im Jahr 2012 insgesamt 914 Menschen aus Bayern abgeschoben wurden, darunter 182 Flüchtlinge direkt in ihre Herkunftsländer, 223 weitere im Rahmen des Dublin II-Verfahrens in andere EU-Staaten. Großen Raum gibt er Straftätern und fordert eine weitere Verschärfung des Ausländerrechts, um sie noch schneller und einfacher abschieben zu können. Im Weiteren unterstellt er abgelehnten Asylbewerbern Sozialmissbrauch und kündigt an, diese „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ mit noch größeren Anstrengungen bei den Abschiebungen bekämpfen zu wollen.
Zu den Straftätern ist festzustellen, dass ein erheblicher Teil von Ihnen lediglich Straftaten begeht, die Deutsche gar nicht begehen können, da sie zumeist nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz verhängt werden. Dazu gehören Verstöße gegen die Residenz- oder Passpflicht, die mit Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden. Üblich sind aber auch Verurteilungen wegen illegaler Einreise über den Landweg oder mit gefälschten Pässen – dabei ist eine legale Einreise nach Deutschland nahezu unmöglich. „Wer menschliche Verhaltensweisen wie die Flucht nach Deutschland oder Besuche bei Verwandten unter Strafe stellt, hat kein Recht, sich über dadurch erzeugte Straftäter zu empören. Außerdem halten wir es für absolut ungerecht, diese Menschen doppelt zu bestrafen, indem man sie ihre durch deutsche Gerichte verhängten Strafen hier verbüßen lässt und sie danach auch noch abschiebt“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.
Auch die „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ ist eine Mähr, die Innenminister Herrmann gerne bemüht. Er erweckt den Eindruck, alle abgelehnten Asylsuchenden hätten nur eins im Sinn – das Leben in Saus und Braus auf Kosten der SteuerzahlerInnen. Dabei werden derzeit die Asylanträge der meisten Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Irak, neuerdings auch aus Somalia abgelehnt, obwohl dort Kriege, Bürgerkriege oder kriegsähnliche Zustände herrschen. Die Folge sind Lagerunterbringung, Versorgung mit Essenspaketen und Arbeitsverbote. „Innenminister Herrmann ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, sondern in die Abhängigkeit von Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gezwungen werden. Dies als ‚Zuwanderung in die Sozialsysteme’ zu kritisieren, ist an Zynismus nicht zu überbieten“, so Alexander Thal.
„Innenminister Herrmann nutzt immer denselben populistischen Taschenspielertrick: Wenn er von Flüchtlingen spricht, stellt er sie regelmäßig in Zusammenhang mit Straftaten und Sozialleistungsmissbrauch. Damit befeuert er rassistische Vorurteile gegen Flüchtlinge in der Bevölkerung“, kritisiert Alexander Thal. „Wie Herrmann selbst richtig erklärt, gehören Syrien, Irak, Iran, Afghanistan und Somalia zu den Hauptherkunftsländern der Flüchtlinge. Dass sie nicht in diese Länder zurückkehren wollen, ist menschlich nachvollziehbar und ihr gutes Recht. Sie mit noch mehr Druck zur Mitwirkung an ihrer Abschiebung oder ‚freiwilligen Ausreise’ zu nötigen, ist einfach menschenverachtend!“