24.04.2003

Abschiebung von Dimitri Olenin erneut gescheitert

Insasse des Ausreiselagers Fürth konnte auch beim zweiten Versuch nicht abgeschoben werden / Leiter des Ausreiselagers Christoph Hammer begeht offenen Rechtsbruch

res publica, Bayerischer Flüchtlingsrat: Dimitri Olenin, ein Insasse des Fürther Ausreiselagers, berichtete seit Oktober 2002 der Öffentlichkeit regelmäßig aus dem Inneren des Lagers und kritisierte die dort herrschenden menschenunwürdigen und menschenrechtswidrigen Zustände. Am 11.04.03 wurde er in Abschiebehaft genommen und sollte am 16.04.03 nach Moskau abgeschoben werden, wo ihn als Deserteur bis zu 25 Jahren Haft erwarten. Die Abschiebung scheiterte, weil sein Anwalt erfolgreich einen Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung stellte. Heute in den frühen Morgenstunden scheiterte auch der zweite Abschiebe-Versuch, weil der zur Abschiebung notwendige "Heimreiseschein" nicht rechtzeitig beim Bundesgrenzschutz am Münchner Flughafen einging.

Olenin, der 1991 als Deserteur der russischen Armee nach Deutschland geflüchtet war, erhielt kein Asyl, saß monatelang in Abschiebehaft und wurde letztlich in das Fürther Ausreiselager eingewiesen, weil er seine Identitätsangaben nicht beweisen konnte und die russischen Behörden sich weigerten, sie zu bestätigen. Er galt als Asylmissbraucher, der die Behörden über seine Identität täuschte. Der Heimreiseschein, den das russische Generalkonsulat in München am 14.04.2003 ausstellte, ist nicht nur notwendiges Dokument für die Abschiebung, sondern auch der erste Beweis der Richtigkeit seiner Angaben.

Deshalb stellte Olenins Rechtsanwalt am 14.04.03 einen Asylfolgeantrag, da nun der Vorwurf der Identitätsverschleierung nicht länger zu halten ist. Er wurde jedoch am 16.04.03 vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit dem Verweis auf einen zurückliegenden Folgeantrag abgelehnt (Olenin erschien bei der mündlichen Verhandlung eines früheren Folgeantrags nicht persönlich, was ihm zur Last gelegt wurde und zur Ablehnung seines Antrags führte; allerdings ignorierte damals das Gericht, dass Olenin gar nicht persönlich erscheinen konnte, weil er zu dieser Zeit inhaftiert war).

Gegen die Ablehnung des neuerlichen Folgeantrags kann binnen einer Woche Einspruch eingelegt werden, die Einspruchsfrist mit aufschiebender Wirkung läuft erst heute, 24.04.03, 24.00 Uhr aus. Obwohl deshalb eine Abschiebung vor Ablauf dieser Frist nicht zulässig ist, leitete Christoph Hammer, Leiter des Fürther Ausreiselagers, die Abschiebung Olenins für heute, 24.04.03, 8.50 Uhr in die Wege. Hintergrund dieser Eile seitens der Regierungsbehörde: Der vom russischen Generalkonsulat ausgestellte "Heimreiseschein" verliert morgen seine Gültigkeit.

Doch damit noch nicht genug. Lebt ein Flüchtling länger als ein Jahr mit einer Duldung in Deutschland, muss ihm nach §56 Ausländergesetz die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb eines Monats selbständig auszureisen. Auch diese Vorschrift wurde verletzt, denn Olenin wurde ohne Aufforderung zur Ausreise in Abschiebehaft genommen und hätte 5 Tage später abgeschoben werden sollen.
Das zuständige VG Ansbach, das auf einen Eilantrag von Olenins Anwalt hin über diesen Vorgang zu entscheiden hatte, und unter korrekter Auslegung des Gesetzes die Entlassung Olenins aus der Abschiebehaft hätte anordnen müssen, erklärte sich statt dessen für nicht zuständig.

res publica und der Bayerische Flüchtlingsrat nehmen diesen offenen Rechtsbruch nicht hin und fordern:
  • die unverzügliche Entlassung Dimitri Olenins aus der Abschiebehaft,
  • die Suspendierung des Leiters des Ausreiselagers Fürth, Christoph Hammer,
  • das sofortige Ende der Versuche, einen unliebsamen Aktivisten für die Rechte der Flüchtlinge durch eine Abschiebung auszuschalten,
  • die Entlassung Olenins aus dem Ausreiselager Fürth, da er entgegen der Unterstellung der Ausländerbehörden seine Identität nie verschleiert hat,
  • das Recht für Olenin, ohne weitere staatliche Behinderungen seinen Asylfolgeantrag zu stellen, der gute Chancen auf Erfolg hat.

Des weiteren fordern res publica und der Bayerische Flüchtlingsrat das VG Ansbach auf, seine Zuständigkeiten zu wahren und geltendes Recht auch zu Gunsten von Flüchtlingen durchzusetzen.

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