09.11.2012

Abschiebung trotz Bluterkrankheit: Afghane aus Coburg soll nach Italien

Am Dienstag, den 13.11.2012, soll Matin Amiri nach Italien überstellt werden +++ Er war bereits in 2011 abgeschoben worden, erhielt jedoch keine medizinische Versorgung, als Bluter bedeutete dies permanente Lebensgefahr +++ Flüchtlingsrat reicht Bundestag

Der 20-Jährige Matin Amiri wiegt derzeit nur 47 Kilogramm. Wenn er stürzt oder sich schneidet wird kein Pflaster aufgeklebt, sondern der Krankenwagen gerufen. Sein Blut gerinnt nicht schnell genug und Wunden hören nicht von selbst auf zu bluten. Er leidet unter einer Hämophilie Typ A, auch Bluterkrankheit genannt. Durch zuverlässige Therapien ist die Hämophilie in den meisten Fällen zu einer gut beherrschbaren Erkrankung geworden. Doch Matin Amiri droht bald ein Leben ohne Therapie und damit Lebensgefahr: Der junge Afghane soll am Dienstag, den 13.11.2012, von Coburg nach Italien überstellt werden, wo bereits zehntausende Flüchtlinge in Obdachlosigkeit und ohne medizinische Versorgung leben müssen.

Matin Amiri war schon Italien, zuletzt im Jahr 2011. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte ihn abschieben lassen, nachdem eine Zuständigkeit Italiens festgestellt wurde. Matin Amiri landete in Rom auf der Strasse und wurde obdachlos. In Italien kein Ausnahmefall: Dort gibt es gerade einmal 3000 staatliche Unterbringungsplätze für Flüchtlinge, doch allein im Jahr 2011 kamen 60.000 Flüchtlinge mit dem Boot an. Aus einer gut therapierbaren Erkrankung mit der viele Menschen in Deutschland leben gelernt haben, wurde in Italien für Mattin Amiri eine lebensgefährliche Bedrohung. Was ist wenn er sich verletzt, wer bringt ihn ins Krankenhaus und wird er dort ohne Versicherungskarte überhaupt behandelt? Der junge Afghane bekommt es mit der Angst zu tun und reist erneut nach Deutschland ein. Hier fand er Sicherheit und bekam die benötigte Therapie, worauf sein Zustand sich verbesserte.

Als er einen schlimmen Sturz erlitt retteten Erlanger Ärzte sein Leben. Bis zum 06.11.2012 war er in stationärer Behandlung in deren Folge der 1,70m große Mann bis auf 47 kg abgemagert ist. Langsam verbesserte sich sein Zustand und mittlerweile kann er wieder ein paar Meter ohne fremde Hilfe gehen. Dann kam die Hiobsbotschaft: An der Abschiebung wird festgehalten, bereits am nächsten Dienstag will die Ausländerbehörde Coburg diese vollziehen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge könnte die Abschiebung stoppen, sieht aber keinen Härtefall und weigert sich von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat hat sich nun mit einer Bundestagspetition gegen die Abschiebung gewendet. Diese kann unter www.fluechtlingsrat-bayern.de mitgezeichnet werden. „Wir fordern einen sofortigen Stopp der Abschiebung. Wer einen Bluter nach Italien abschiebt, riskiert wissentlich dessen Leben“, erklärt Tobias Klaus vom Bayerischen Flüchtlingsrat, „Die Zuständigkeit Italiens vorzuschieben ist zynisch und menschenverachtend, im Bundesamt ist bekannt, dass Flüchtlinge dort meist obdachlos und ohne staatliche Versorgung überleben müssen.“

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