02.07.2018

Abschiebung statt Ausbildung

Zentrale Ausländerbehörde rechtfertigt Abschiebehaft mit Bemühen um einen Ausbildungsplatz

Nach dem verheerenden Bombenanschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul am 31. Mai 2017 fanden Abschiebungen nach Afghanistan nur noch eingeschränkt statt. Im Juni 2018 erklärte die Bundesregierung mit Verweis auf den neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes, dass Abschiebungen in das Bürgerkriegsland nun wieder uneingeschränkt möglichen wären. Wie die Bundesregierung zu dieser Einschätzung kommt ist fraglich. Der neue Lagebericht kann keine neuen Erkenntnisse über eine Verbesserung der Situation vor Ort liefern. Die Lage bleibt weiterhin extrem instabil und gefährlich.

Bayern hat auch während des Abschiebemoratoriums nach Afghanistan als einziges Bundesland versucht, in großen Zahlen abzuschieben. Auch jetzt geht es Bayern wieder nur um Zahlen – bisher sind dem Bayerischen Flüchtlingsrat 12 Verhaftungen junger Afghanen in Bayern bekannt.

So auch der 27-jährige  Esam aus München. Esam ist 2015 nach Deutschland eingereist und seitdem bemüht, Fuß zu fassen und sich eine Zukunft aufzubauen. Nach mehreren abgelehnten Anträgen um eine Arbeitserlaubnis, hat sich Esam beim Müncher Flüchtlingsrat um eine Aufnahme in ein Patenschaftsprogramm beworben, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Ende letzten Jahres fand er eine Münchner Bäckerei, bei der er nach einem Praktikum eine Ausbildung hätte anfangen können. Sein zukünftiger Arbeitgeber war begeistert und wollte nach Jahren unbesetzter Stellen Esam unbedingt als Lehrling anstellen. Doch die Behörden zögerten die Entscheidung über den Antrag auf Ausbildungserlaubnis fast ein halbes Jahr hinaus und buchten ihn stattdessen für den Abschiebeflug im Juli. Die Begründung der Zentralen Ausländerbehörde Oberbayerns in Esams Haftantrag ist besonders perfide. Der Versuch eine Arbeits- und Ausbildungserlaubnis zu erhalten wird als eindeutiges Zeichen nicht freiwillig Auszureisen gedeutet und soll die Abschiebehaft vor dem Abschiebetermin rechtfertigen.

„Bemühungen um einen Ausbildungsplatz als Grund für Abschiebehaft zu nennen, hat eine neue Stufe behördlichen Zynismus erreicht“, kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Dieser behördlichen Logik zufolge, können Geflüchtete in Bayern gar nichts mehr richtigmachen. Integration ist in Bayern ganz offensichtlich nicht gewollt. Die lebensgefährliche Lage in Afghanistan und die verzweifelte Lebensrealität afghanischer Geflüchteter werden von der CSU stetig ignoriert. Dieser menschenfeindliche Irrsinn der bayerischen Flüchtlingspolitik muss endlich aufhören!“


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