05.12.2017

Abschiebung nach Kabul: Bayern bricht Absprache und will sogar einen Azubi abschieben

Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert bayerische Rücksichtslosigkeit

Nach dem Bombenanschlag vor der Deutschen Botschaft in Kabul am 31.05.2017 gab das Bundesinnenministerium bekannt, man wolle nicht mehr nach Afghanistan abschieben, ausgenommen Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätstäuscher. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat bisher von neun möglicherweise betroffenen Personen Kenntnis, davon sollen lediglich zwei Straftäter sein.

 

Den meisten Afghanen wird vorgeworfen, „hartnäckige Identitätstäuscher“ zu sein. In mindestens zwei bayerischen Fällen treffen diese Kategorien nicht zu.

 

Im Fall S. stellte dies auch das Amtsgericht Bayreuth fest. Es lehnte ab, einem Haftantrag der Ausländerbehörde zuzustimmen, weil nicht einmal die Kategorie „Identitätstäuscher“ zutreffe. Im Gegenteil, die gültige Tazkira (afgh. Identitätspapier) liege der Ausländerbehörde vor. Der junge Mann ist seit mehreren Jahren in Deutschland, spricht gut Deutsch und ist sehr gut integriert.
Im zweiten Fall N. hat der Afghane erst seit Juni eine Duldung und ist ausreisepflichtig. Schon zu Beginn des Asylverfahrens hatte er der Behörde eine Kopie seiner Tazkira vorgelegt. Der Afghane macht überdies eine qualifizierte schulische Ausbildung im hauswirtschaftlichen Sektor.

 

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hatte im Herbst 2016 gegenüber Arbeitgeberverbänden und Kirchen gesagt, die Abschiebung aus der Ausbildung solle nur in extremen Ausnahmesituationen stattfinden. Der Bayerische Flüchtlingsrat, aber auch der Bayerische Elternverband kann nicht erkennen, warum hier so eine Ausnahme vorliegen sollte.
„Die bayerischen Zentralen Ausländerbehörden räumen rücksichtslos ab, wo andere Bundesländer sich zurückhalten. Diese bayerische Praxis unterläuft alle Kriterien, die vom Bundesinnenministerium aufgestellt worden sind, und schickt Menschen mit bester Integrationsperspektive in Gefahr und Elend“ kritisiert Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

 

Die Vereinten Nationen sprachen in ihrem gestern veröffentlichten Bericht zur Not-Analyse Afghanistan von einem der gefährlichsten Länder der Welt. Millionen Menschen vor Ort befinden sich in lebensbedrohlichen Situationen. „Wir fordern die Bundesregierung, besonders aber die Bayerische Landesregierung vehement dazu auf, den Tatsachen endlich ins Auge zu sehen und die verantwortungslosen und unmenschlichen Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen“ so Stephan Dünnwald.

 

Hier geht es zur Pressemitteilung des Bayerischen Elternverbandes vom 04.12.2017 >>>

Hier gehts zur Not-Analyse der Vereinten Nationen 2018 >>>

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